Presse

Theater war fast immer ausverkauft

Die beiden Sommerstücke des Theaters im Steinbruch besuchten 10 145 Zuschauer, 1000 mehr als noch vor einem Jahr.

10 145 Karten und damit nochmals 1000 Karten mehr als im Jahr 2018 hat das Theater im Steinbruch für seine beiden Sommerstücke – „Dornröschen, verflixt und zugeheckt“ für die Kinder und „In 80 Tagen um die Welt“ für die Erwachsenen – verkauft. Und das heißt bei 420 Sitzplätzen und der identischen Zahl von Vorstellungen: Fast immer waren die Aufführungen ausverkauft. Diese Bilanz ziehen Vorsitzender Hans-Joachim Wipfler und seine Stellvertreterin Jasmin Baumgratz nach der Sommersaison.

„Wir behaupten, es liegt an unserer Produktion“, sagt Wipfler selbstbewusst und verbindet das mit einem dicken Dankeschön an die Ensembles sowie an die Regisseure Benedikt Bachert und Isabell Steinbrich. Bei den Erwachsenen (630 Karten mehr) habe sich der Erfolg schon bei Premiere und „Mädelsabend“ abgezeichnet, beim Kinderstück (350 Karten mehr) sei es etwas schleppend angelaufen. Der Verein hatte bewusst auf ein Märchen für kleinere Kinder gesetzt – letztendlich mit Erfolg: „Wir hatten so viele kleine Prinzessinnen und Prinzen auf dem Gelände, es war einfach toll!“ Und die jungen Darsteller groß in Form: Sie ließen sich weder vom Regen, der zweimal dazwischenkam, noch von der „teilweise grenzwertigen Hitze“ (Wipfler) das Spiel verderben. Zum Erfolg trugen auch die Eltern bei, die für kühlende Verpflegung sorgten. Ähnlich wetterfest zeigte sich das Publikum: Wenn es beim Erwachsenestück mal regnete, saßen die Zuschauer eben mit Fahrradcapés auf der nicht überdachten Seitentribüne. Die Schauspieler spielen, so lange man sie verstehen kann, sagt Baumgratz – und so wurde keine einzige Vorstellung abgebrochen, auch wenn manch’ besorgter Blick dem Himmel galt.

Eine Sommersaison im Theater ist eine arbeitsintensive Sache – 29 Vorstellungen in kurzer Zeit, Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag. „Das ist schon extrem, wenn man das so erlebt, aber es ist ein sehr schönes Hobby“, sagt Wipfler und sieht den Verein hervorragend aufgestellt. Das hänge damit zusammen, dass es so viele Aufgabenfelder gibt: „Jeder kann etwas finden“, sagt Jasmin Baumgratz, „vom Handwerker bis zum Kreativen“. Ein Rädchen greift ins andere: Mancher fing im Pavillon an und stand ein Jahr später auf der Bühne, ergänzt Wipfler. Und die Ensembles wachsen zusammen, erzählt Baumgratz: Da machen die Erwachsenen das Catering für die Jugendlichen, die Schauspieler jeden Alters gucken sich was voneinander ab: „Jeder, der dazustößt, möchte etwas lernen, möchte besser werden“, hat sie beobachtet, „auch die ’Alten’ möchten jedes Jahr etwas Neues machen.“

Die Vorbereitungen für die nächste Saison beginnen wie jedes Jahr nach den Herbstferien mit dem Schauspieltraining. Ein Stück im Advent wird es erst 2020 wieder geben, dafür ist für den Jahresanfang „Ganze Kerle“ geplant. Simone Allweyer führt Regie, und das Ganze geht in Richtung Travestieshow und Revue. Die Sommerstücke für 2020 stehen noch nicht fest; wie jedes Jahr, wird die Regie drei Vorschläge machen, aus denen der Spielbeirat auswählt.

Jetzt haben alle erst mal Urlaub. Der begann am Sonntag damit, dass Ensemble und Vorstand das Gelände winterfest gemacht haben – und das alte Umkleide- und Maskengebäude geräumt. Denn übernächste Woche beginnt der Abriss, den der Verein mit Hilfe eines Bauunternehmens selbst bewältigen will, um Geld zu sparen. „Was wir machen können, machen wir – was wir nicht können, überlassen wir den Profis“, beschreibt Wipfler das Konzept. Was auch bedeutet, dass das Bauteam längst nicht nur Kulissen herstellt, sondern fast ganzjährig im Einsatz ist. Zum Winter soll der Neubau stehen.

Erstmals will sich der Verein am Ehrenamtsdorf beim Stadtteilfest Bürkle/Bleiche im September beteiligen. „Wir können alles brauchen“, sagen die beiden – von Hilfe bei der Bewirtung, beim Frisieren und in der Maske bis zum Bauhelfer und zur Homepage warten viele Aufgaben. „Vielleicht ist ja auch was ganz Exotisches dabei, von dem wir noch gar nicht wissen, dass wir es brauchen“, sagt Baumgratz – und freut sich drauf.

Badische Zeitung, 13.08.2019

Grimm-Klassiker mit starken Charakteren

Premiere des Kinderstücks „Dornröschen“ im Theater im Steinbruch

Das Theater im Steinbruch am vergangenen Sonntag. Auf der Tribüne fächern sich die Zuschauer die Schweißperlen von der Stirn. Unten auf der Freilichtbühne schwitzen 19 Kinder und Jugendliche in ihren Kostümen. Zwei Stunden lang vollbringt das Ensemble schauspielerische Höchstleistungen.

Beim 38 Grad fand im Theater im Steinbruch am Sonntag vor einer Woche die Premiere des Kinderstücks „Dornröschen – Verflixt und zugeheckt“ statt. Trotz der Temperaturen erlebten 300 Zuschauer eine unterhaltsame und kurzweilige Inszenierung des Märchens der Gebrüder Grimm. Dies lag vor allem an den Charakteren. Als Zuschauer – egal ob jung oder erwachsen – wurde man sofort eins mit ihnen. So zum Beispiel mit Balduin (Cornelis Huber), der als Tausendsassa irgendwie an den königlichen Hof gerät, der von Kopfschmerzen geplagten Königin (Milena Leonhardt) zur Schwangerschaft verhilft und Küchenchef wird. Gleichzeit fungiert er im ersten Teil als Erzähler. Derweil prägen skurrile Figuren den Alltag am Schloss – darunter ein übereifriger Hauptmann (Michel Köllermann), ein tollpatschig versnobter König (Kiran Kostka), ein reimendes Froschehepaar (Giulia Würzberger und Emma Kottmeier) sowie ein alles nachplappernder Minister (Filiz Geiger).

Nachdem die böse Fee Stacheline (Josephine Blust) ihren Fluch ausspricht, Prinzessin Röschen (Jule Carl) sich am Spindelrad sticht und das ganze Schloss in einen 100jährigen Schlaf fällt, übernimmt Fee Floralia (Pia Bührer) die Rolle der Erzählerin. Sie berichtet dem jungen Prinzen Heinrich vom Blumenland (Niklas Knauff) von dem verwunschenen Mädchen. Mit goldener Eisenherzfrisur und zwei Gefährten begibt sich dieser auf die Odyssee zum zugewachsenen Schloss. Weil er sich als Pirat ausgibt, kann er Stacheline den Zauberspruch entlocken und den Fluch bannen. Das Finale soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

In ihrer Inszenierung hält sich Isabelle Steinbrich weitgehend an das Original der Gebrüder Grimm. So können auch ganz junge Besucher dem Stück bestens folgen. Nur wer genauer hinsieht, erkennt kleine Gimmicks – darunter das doppelte Fröschlein, das kollektive Tragen von Filzpantoffeln oder der herzergreifende Song, der am Schluss erklingt. Für Familien lohnt sich der Besuch. Geeignet ist das Stück für Kinder ab fünf Jahren. Noch gibt es Tickets für alle Vorstellungen. Die genauen Termine stehen auf der Homepage des Vereins. Die elf- bis 18-jährigen Schauspieler jedenfalls sind topfit. Während der Pfingstferien hatten sie intensiv geprobt. In der Hitze haben sie den Härtetest mehr als bestanden.

Emmendinger Tor, 10.07.2019

Mit viel Komik und Spielfreude

Die Premiere von Dornröschen im Theater am Steinbruch geriet trotz Hitze zum großen Erfolg.

Alle stöhnen unter den hohen Temperaturen. Die Premierenzuschauer der Aufführung „Dornröschen – Verflixt und zugeheckt“ sitzen schattig und vor der Sonne geschützt. Das knapp 20 junge Schauspieler umfassende Ensemble aber ist im Steinbruchtheater gnadenlos der Hitze ausgesetzt. Trotzdem bringen alle eine grandiose Leistung, das Publikum ist begeistert.

Der König (im roten Pelzumhang: Kiran Kostka) verspricht dem superschlauen Froschpaar (entzückend gespielt von Emma Kottmeier und Giulia Würzberger): „Wenn du uns gute Nachrichten gibst, will ich extra einen königlichen Hoffliegenfänger einstellen“ Die Zwei können in die Zukunft blicken und wissen: So geht es nicht weiter. Des Königs Hofstaat huscht leise auf Filzpantoffeln durchs Schloss. Die Königin hat Kopfschmerzen. Sie ist krank, das Herz bricht ihr vor Verzweiflung, sie weint weil sie sich ein liebes, kleines Kind wünscht, aber ihr Wunsch nicht in Erfüllung ging.

Natürlich kennen alle die Geschichte von Dornröschen. Hier auf der Bühne wird sie ideenreich mit viel Komik und Spielfreude vom jungen Ensemble aufgeführt. Kinder aller Altersgruppen sitzen im Publikum und fiebern dem Happy End entgegen. Es beginnt mit dem gutgelaunten Tausendsassa Balduin (großartig Cornelis Huber): „Ich? Ich bin fast ein Genie, Ich kann alles, fragt nicht, wie! Ich beherrsche einfach alles, und man bedient sich jeden Falles meiner großen Meisterschaft, denn mein Geschick ist fabelhaft!“ Er hat Hunger, will einen Job im Schloss und bekommt ihn auch.

Einige schwungvoll gespielte Abenteuer später: „Nanu, hier sind ja so viele Kinder?“ Balduin ist jetzt Oberhofküchenmeister. Dass er wahnsinnig viel zu tun hat, sagt er. Sein Küchenhilfe Peter, der liederlichste aller Lauselümmel, soll ihm helfen, dieser Schlingel. Schimpfend zeigt Balduin ins Publikum: „Aha, ich weiß schon, er hat sich bestimmt versteckt und sitzt nun hier irgendwo unter euch! Da, da, da ist er! Komm mit in die Küche!“ Die Kinder auf den Zuschauerbänken lachen über Balduin, der sich wohl besser eine Brille anschaffen sollte. Er zeigt auf ein Kind: „Nein. Du bist nicht der Peter? Dann bist du es, natürlich bist du der Peter. Ach nööö! Du bist ja ein Mädchen!“ Nun erklärt er, warum er so durcheinander im Kopf ist und zornig: „Also Kinder, ihr müsst nicht böse mit mir sein, es ist was los bei uns im Schloss, das kann ich euch sagen. Ich muss doch das große Hochzeitsessen vorbereiten“. Er erzählt die Geschichte von Dornröschen und wie das alles geschehen ist mit der bösen Fee und dem hundertjährigen Schlaf und wie Dornröschen sich in den Finger gestochen hat. Es gibt einige Abenteuer zu bestehen, denn die fiese Fee Stacheline (Josephine Blust) hält mit ihrem Zauberspruch Dornröschen und den ganzen Königshof hinter einer riesenhohen Dornenhecke gefangen. Besonders gemein, alle müssen jämmerlich verhungern, wenn sie nach hundert Jahren wieder aufgewacht sind und nicht heraus können. Gottseidank naht die Rettung in Gestalt von Prinz Heinrich vom Blumenland (Niklas Knauff). Auch die kleinsten Zuschauer fiebern mit, wenn Heinrich, der mit Hofmarschall Bitterlich (herrlich naiv: Nicolai Jessen) und dem Eselchen Langohr (Leoni Seidl) auf seiner beschwerlichen Reise im tiefen Wald mahnt: „Pst! Seid still! Hört ihr nichts, ist da nicht jemand?“ „Doch, ich bin hier!“ ruft ein Kind ganz aufgeregt und laut vernehmbar von der Zuschauerbank.

Mika (9 Jahre) und Colin (10) aus Kehl sitzen bereits eine Stunde vor Beginn der Vorstellung auf ihren Bänken. Sie passen ganz genau auf: „Auf dem Löffel von Peter, dem Küchenjungen, ist echte Marmelade“. Mika stellt fest, dass die schwarzen Handschuhe, die Hofmarschall Bitterlich festhalten, später im offenen Schrank liegen. Besonders gefallen ihm die Zaubertöne, die die gute Fee Floralia (Pia Bührer) erzeugt. Endlich naht das Happy End, als Prinz Heinrich in Dornröschens (Jule Carl) Gemach tritt: „Da ist die Prinzessin. Sie hört mich nicht! Ob ich es wage, ihr einen Kuss zu geben?!“ Natürlich wagt er, sonst wäre die Geschichte ja doof. Dornröschen schlägt die Augen auf, beginnt sich zu bewegen, liebliche Musik ertönt.

Regisseurin Isabell Steinbrich verstand es, die Rollen grandios zu besetzen. Was wäre Emmendingen mit seiner Freiluftbühne ohne den Verein „Theater im Steinbruch“ und die Helfer? Auch ihnen gebührt Anerkennung.

Badische Zeitung, 02.07.2019

Das Königspaar in Fesseln

VOR DER PREMIERE: Ein Besuch bei den schweißtreibenden Proben für „Dornröschen – verflixt und zugeheckt“ im Theater im Steinbruch.

Ein knappes Dutzend Fahrräder steht vor dem Bühneneingang, am „Brunnen“ wird die Mauer gestrichen und ein hässliches Lachen schallt über den Platz des Theaters im Steinbruch. Das ist die böse Fee Stacheline bei der Probe zum Kinderstück „Dornröschen – verflixt und zugeheckt“. Wer nur das klassische Märchen erwartet, wird überrascht sein. Denn die Musik spielt in der Küche und bei Dornröschens Rettung ist es nicht mit einem Schwerthieb getan. Es ist schwül an diesem Tag im Theater. Eine große Schale mit Fruchtgummis steht auf dem Tisch, daneben eine Packung Laugenbrezel. Und wenn Fee Floralia ungefähr 100 mal 100 Sekunden durch zehn als Pause ankündigt, mahnt Regisseurin Isabelle Steinbrich zur Trinkpause für die 19 Akteure zwischen elf und 19 Jahren. Da fliegen Kochjacken in die Ecke, der König muss seinen pelzverbrämten Umhang ebenso wenig tragen wie der Schlosshauptmann seine schweißtreibende Montur, und die gute Fee Floralia darf noch in Shorts und Top statt in blumenverzierter Hochzeitsrobe über des Rasen laufen. „Hinter der Bühne werden Wassereimer stehen, damit sie sich die Hände kühlen können“, sagt Silvia Gschwendtner, Ressortleiterin fürs Kinderstück.

Die Probe geht weiter, wieder in voller Montur. Isabell Steinbrich weist die Küchentruppe ein. Denn sie hat das Hauptgeschehen in die Küche verlegt, „wie im richtigen Leben“. Es gibt viel zu tun dort für das Geburtstagsfest der Prinzessin: Gemüsesuppe kochen, Karotten schnippeln, Kräuter zupfen, Eier für den Kuchen aufschlagen… Und es gibt Streit – kennt man ja. Schnell wird klar: für die liebevollen Gags und Überraschungen, für die das Steinbruch-Theater bekannt ist, bietet Dornröschen viel Raum.

Da ist zum Beispiel der Schlosshauptmann so in Sorge, dass sich die böse Fee anschleichen könnte, dass er jede und jeden verdächtigt – und sogar das Königspaar verhaftet. So kommt es, wie es kommen muss, die böse Fee hat Erfolg. Damit ist slow Motion angesagt für die quirligen Schauspieler. Gar nicht so leicht. Benedikt Bachert, der das Erwachsene-Stück leitet, gibt Tipps für den stabilen Stand bei extrem langsamen Bewegungen – das ist nämlich gar nicht so leicht, und Wackeln sähe einfach nicht gut aus.

Es herrscht eine gute Zusammenarbeit zwischen Erwachsenen- und Kindertheater. Dazu trägt im März ein Hüttenaufenthalt bei, bei dem gemeinsam gespielt wird. Die Jugendlichen helfen am Samstag beim Aufbau für die Premiere der Erwachsenen, die sich eine Woche später revanchieren können.

Auch die Jugendlichen haben nach den Herbstferien mit dem wöchentlichen Schauspieltraining angefangen, im Januar und Februar wurden die Rollen verteilt und ab April zweimal im Monat geprobt, sagt Gschwendtner. Seit Mai sind die Kinder drei- bis viermal pro Woche auf dem Gelände und in der zweiten Pfingstferienwoche täglich; die erste war frei. In der Woche vor der Premiere sind allnachmittäglich Proben angesagt; die Kinder erhalten dafür schulfrei, erklärt Gschwendtner. Sie lernten aber auch viel, von Sozialverhalten bis zum Auftreten und Vortrag.

Wer 18 ist, kann bei den Großen mitspielen. Was nicht wenige tun. Jüngere rücken nach – eine große Herausforderung, denn die „Neuen“ brauchten etwas mehr Anleitung, wie sie ihre Rolle entwickeln, und sie müssten die Besonderheiten des Naturtheaters lernen: „Draußen braucht man ein großes Stimmvolumen und muss auch ’groß’ spielen“, sagt Steinbrich. Eine wichtige Rolle spiele das Stimmtraining. „Groß und laut sein“, ermahnt sie denn auch am Schluss gibt – das Publikum soll ja alles verstehen.

Eine Herausforderung war die Dornenhecke, die ein rosenverzierten Vorhang markiert. „Wir hatten zehn Ideen, vom Regenschirm über eine Leine quer über den Platz – wir hatten schon die Stoffmengen ausgerechnet“, sagt Steinbrich. Für Vorhang wie Kostüme gilt: alles Eigenarbeit. Froh ist sie um die vielen Helfer hinter den Kulissen: etwa Susan Geiger, ihre „persönliche Zauberfee“, und Karin Sulzberger, der sie den Wunsch nach einer Schlaufe für den Zauberstab nur zu sagen brauchte – zwei Stunden später ist sie da.

Badische Zeitung, 21.06.2019