Presse

Kein Tag mehr ohne Theaterprobe

Andere nutzen den Feierabend nach einem langen und heißen Arbeitstag für ein kühlendes Bad oder erholen sich im Schatten. Für die Schauspieler des „Theaters am Steinbruch“ ist daran momentan nicht zu denken. Denn am Samstag hat das Erwachsenenstück „Pension Schöller“ Premiere.

Angefangen haben sie Ende April mit Proben einmal in der Woche. Dann zweimal die Woche, und jetzt vergeht kein Tag, an dem nicht auf dem Gelände des Theaters im Steinbruch an der „Pension Schöller“ gefeilt wird. Die elf Darsteller im Alter zwischen 18 und 48 Jahren haben diesmal ein besonderes Pensum zu bewältigen, denn die klassische Komödie bietet vor allem große Rollen. Kein Wunder, dass der eine oder andere memorierend mit dem Textbuch in der Hand übers Gelände streift, ohne einen Blick für die Idylle ringsherum.

Besonders Hauptdarsteller Hans Bürkin, der den Rentner Philipp Klapproth spielt, hat praktisch Dauerpräsenz auf der Bühne. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, doch auch die anderen werden in der temporeichen Komödie gefordert, schnelle Wort- und rasche Szenenwechsel sind an der Tagesordnung. Eine „Tür-auf-Tür-zu-Komödie“ nennt Vorsitzender Clemens Allweyer das flotte Stück. Es lebt davon, dass komische Typen aufeinander prallen und voneinander ganz falsche Meinungen haben: Der irregeführte Klapproth hält seine Mitspieler für Geisteskranke, dabei handelt es sich um ganz normale Menschen mit ganz normalen Problemen. Ein bisschen überzeichnet vielleicht, doch das gehört dazu und sorgt für viel Situationskomik. Ein unterhaltsamer Abend ist garantiert!

Mit dem Verlauf der Probenarbeit sind alle zufrieden, obwohl sie diesmal etwas später angefangen haben, als dies zu Volksbühnen-Zeiten der Fall war. Das „Theater im Steinbruch“ hat es sich zum Ziel gesetzt, die jahrzehntelange Tradition der Volksbühne fortzusetzen. Dahinein passt die Komödie nahtlos, hat die Volksbühne doch schon häufig und mit großem Erfolg Komödien auf den Rasen des schönen Naturtheaters gebracht.

Die wichtigsten Darsteller sind die gleichen, der Spaß am Theaterspielen ist ebenfalls geblieben – daran konnte die Tatsache nichts ändern, dass die Volksbühne hatte Konkurs anmelden müssen und nur ein neuer Verein gewährleisten konnte, dass das beliebte Emmendinger Freilichttheater fortgeführt werden kann. Was hat sich geändert? „Der zentrale Punkt sind die Finanzen“, sagt Allweyer. Möglichst sparsam werde bei den Ausgaben gewirtschaftet, der Verein so gemanagt, dass ein hohes Maß an Kontrolle stattfinde. So kommen nur zwei Vorstandsmitglieder zusammen an Geld. Und auch im Spielbetrieb wurde gespart, wo es nur geht, etwa mit dem Recyclen von Kostümen und Zubehör. Nicht geändert hat sich freilich der große Einsatz aller, ob sie nun spielen oder hinter den Kulissen stehen. „Wir sind darauf angewiesen, dass alle noch was anderes machen, ’nur‘ schauspielern geht nicht“, erklärt der Vorsitzende.

Regisseur Jens Katzmarzik, der schon im vergangenen Jahr Regie geführt und selbst in Stücken mitgewirkt hat, ist mit dem Stand der Proben zufrieden. Auch wenn es manchmal noch chaotisch wirkt, weil die Kostüme noch nicht komplett sind, die Kinder bis 19 Uhr das „Dschungelbuch“ geprobt haben und die Großen um diese Zeit anfangen sollten… Daneben wird an den Kostümen gearbeitet, und wo ist überhaupt die Hose, die so gut gepasst hat? Aber keine Sorge. Bis zur Premiere ist alles vergessen, und hoffentlich viele Zuschauer dürfen sich auf eine gelungene und vergnügliche Aufführung freuen. Denn am Spaß, an der Spielfreude wird kein bisschen geknausert: Da wird aus dem Presse-Fototermin schon mal ein witziges, aus dem Stegreif improvisiertes Theater im Theater, bei dem die Akteure selbst am meisten lachen müssen.

Badische Zeitung, 24.06.2002

Der Lacherfolg ist fast schon programmiert

Die „Pension Schöller“ des Theaters im Steinbruch ist eine gelungene Komödie für alle, die so richtig herzhaft lachen wollen.

Wer so richtig herzhaft lachen möchte, der sollte sich die „Pension Schöller“ von Carl Laufs ansehen, die das Theater im Steinbruch aufführt. Denn die klassische Komödie ist nicht nur mit einer guten Portion Situationskomik gespickt, die Laienspieler bringen sie unter Regie von Jens Katzmarzik auch mit so viel Schwung und sichtlichem Vergnügen auf den Rasen, der ihnen die Welt bedeutet, dass der Lacherfolg schon fast programmiert ist.

Den liefert schon mal die Handlung: Wenn einer unbedingt ein Pflegeheim für Geisteskranke kennen lernen will und dafür auch noch mit dem Geldsack winkt, dann wird ihm halt geholfen – in diesem Fall mit einem Besuch in einer ganz normalen Pension mit leicht exzentrischen Gästen. Und damit ist das Chaos schon perfekt.

Mit einem Rieseneinsatz und gekonnter Mimik und Gestik ist Hans Bürkin der unternehmungslustig-stürmische Philipp Klapproth aus der Provinz; ein wenig denkt man an die Karikatur des erlebnishungrigen Amerikaners. Wenn er mit seinem Neffen (schön ängstlich-durchtrieben und aufs Wohlleben bedacht: Mathias Kohler) vor der Pension auftaucht, gleichen die beiden eher einem Diebespaar als Besuchern. Und dann ergreifen die „Insassen“ der Pension Schöller Besitz von den Gästen: Zuerst der weit gereiste Herr Bernhardy – ein rundum auf Weltenbummelei eingestellter Clemens Hohler, dem man sofort abnimmt, dass es ihn nirgends lange hält. Dass der zackige Major Angst und Schrecken verbreitet, lässt sich nach Jan Schmidts Auftritten nachfühlen. Kein Wunder, dass Klapproth immer wieder einfällt, dass man Verrückten ja stets zustimmen müsse – auch das sind Szenen, deren Mimik sehenswert ist.

So geht ihm denn auch die Phantasie durch, als ihn die Gartenlauben-Schriftstellerin Josephine aushorcht; Simone Bruder gibt sie leicht überdreht und doch so energisch, dass klar wird: Ihr entkommt keines ihrer zu befragenden Opfer!

Zusätzlich nervt der Poesie-besessene Eugen Rümpel (Gunter Hauß), mit herrlich steifem Schritt und der Unfähigkeit, das „l“ zu sprechen – die Hauß bis zu seiner überraschenden Heilung in der Tat durchhält! Tja, dann sieht er halt Theo Ningen ähnlich und nicht Theo Lingen….

Irgendwann tauchen all diese Leute im trauten Heim auf, das Klapproth mit seiner Schwester (eine überzeugend empört agierende Simone Allweyer) teilt. Köstlich etwa die Szene, in der er ihr klar zu machen versucht, was er für verrückte „Gäste“ hat. Und dann kreuzt, sehnlichst erwartet, „Direktor“ Schöller auf. Sehr stolz auf sein Haus, empört, als er mitbekommt, was da in seine Pension hineininterpretiert wird, und sehr aufs Geschäft bedacht: Clemens Allweyer hat die Lage bald wieder im Griff.

Daneben spielen noch ein paar Romanzen: Da wandelt der Neffe auf Freiersfüßen und die nette Friederike (Kathrin Holz) mag ihn auch. Nur die Mutter (Tanja Grahl als richtig eifrige Kupplerin) hatte eigentlich den Hern Klapproth Senior ausgeguckt… Ganz ohne äußeres Zutun finden sich der Löwenjäger und die Schriftstellerin, und so gibt’s bei aller Verwechslerei noch ein vergnügliches und zeitweise herrlich bombastisches Finale. Ein Tipp: Hingehen und ansehen!

Badische Zeitung, 03.07.2002