Presse

Fehden, Fausthiebe und ein finales Fußballmatch

Das „Theater im Steinbruch“ brilliert mit „Don Camillo und Peppone“ – bis zum 3. August wird das Stück gezeigt

Spritzige Streitgespräche – teilweise untermauert mit handfesten Schlägereien – strapazierten die Lachmuskeln der Zuschauer bei der Premiere der Jubiläumsaufführung im fast ausverkauften Haus im Steinbruch. Neben Jesus (Jasmin Baumgratz) sorgten fast 50 Vereinsmitglieder zusammen mit dem Wettergott für ein ungetrübtes Vergnügen.

Vor genau 100 Jahren fand die erste Theateraufführung im Steinbruch statt (sic!). Grund genug, dies mit einem „göttlichen Stück“ um „Don Camillo und Peppone“ zu würdigen. Fast 50 Vereinsmitglieder sorgten dafür, dass alles zur Premiere am vergangenen Samstagabend gelang. In stundenlanger Kleinarbeit hatten jeden Samstag 20 bis 30 fleißige Helfer die aufwändige und detailgetreue Kulisse erschaffen, erklärte Vorstand Hans-Joachim Wipfler bei der Begrüßung und Eröffnung der Premiere.

Viele Zuschauer erinnern sich noch an die Verfilmungen aus dem Jahr 1952 mit Fernandel als Don Camillo und Gino Cervi als Peppone. Zurecht erhofften sie sich einen Angriff auf die Lachmuskeln und wurden von Gunter Hauß als Don Camillo und Hans Bürkin als Peppone in keinster Weise enttäuscht. Zynische Kommentare, mitunter durch das Faustrecht verstärkt, gehörten ebenso dazu wie herzerweichende Szenen.

Schon der Beginn des Stückes vor voller Tribüne versprach Ungemach, als der frisch gewählte, kommunistische Bürgermeister Peppone seinen neugeborenen Sohn auf den Namen Lenin taufen will. Damit ist der konservative Don Camillo absolut nicht einverstanden, was unweigerlich eine Schlägerei zur Folge hat. Erst als Jesus (Jasmin Baumgratz) besänftigend eingreift und die beiden einen Namenskompromiss mit „Libero Camillo Lenin“ finden, herrscht wieder Frieden. Doch nicht nur mit Peppone führt Don Camillo heftige Streitgespräche, sondern auch die Diskussionen mit seinem „Chef“ arten in Lachsalven des Publikums aus.

Da der Großgrundbesitzer Pasotti den Arbeitern die gerechte Lohnerhöhung verweigert, rufen die Kommunisten einen Generalstreik aus. Da die Situation zunehmend allen Dorfbewohnern schadet, handeln Don Camillo und Peppone ein Fußballspiel als Gottesentscheid aus. Allerdings geht es da nicht ganz mit rechten Dingen zu.

Die Kluft zwischen den beiden Fraktionen trifft auch das heimliche Liebespaar Gina (Josephine Blust), die Tochter des Großgrundbesitzers, und Mariolino (Justin Wilper), den Sohn von Peppones rechter Hand. Da den beiden Liebenden die Heirat versagt bleibt, entschließen sie sich, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Ihr Selbstmordversuch bringt Vernunft in das zerstrittene Dorf und es kann geheiratet werden. Am Ende ringt die 90-jährige Dorflehrerin Signora Cristina (Silvia Bender) Don Camillo und Peppone ein Friedensversprechen ab. Und so vertragen sich die Beiden endlich. Oder doch nicht…?

Bei all dem Humor wurde auch die Botschaft vermittelt, dass man einander zuhören soll und jedem die Gelegenheit geben muss, seine Argumente an den „Mann“ zu bringen. Denn nur im Austausch miteinander kann man eine für beide akzeptable Lösung finden – ein Resümee, das in unserer heutigen Zeit sicher aktueller denn je sein dürfte.

Nach dem großen Finale gab es unter donnerndem Applaus ein Dankeschön an alle Beteiligten. So erhielt Regisseur Benedikt Bachert mit seinen Assistentinnen Regine Bachert, Simone Bockstahler und Alice Müller einen Blumenstrauß. Das Stück wird bis zum 3. August aufgeführt. Doch auch für das junge Publikum gibt es im Jubiläumsjahr mit „Kleiner König Kalle Wirsch“ bis zum 28. Juli ein attraktives Stück im Angebot.

Emmendinger Tor, 19.06.2024

In Emmendingen steigen Pfarrer und Bürgermeister in den Ring – und das Publikum jubelt

Temperamentvoll, wie man es sich vorstellt: Die Premiere von Don Camillo und Peppone im Theater im Steinbruch endet mit stehenden Ovationen.

Spontanes Lachen und häufiger Szenenapplaus kennzeichneten die gelungene Premiere von Don Camillo und Peppone am Samstagabend im Theater im Steinbruch. Es wird handfest gestritten, es wird gefeiert, gesungen und Fußball gespielt, es gibt Selbstmorddrohungen, es wird geheiratet und gestorben in dem kleinen italienischen Dorf, das das Theaterteam in den Steinbruch gezaubert hat. Das italienische Flair überzeugt ebenso wie jeder Einzelne in seiner Rolle. Das Publikum hielt es nach zweieinhalb lebhaften, unterhaltsamen Stunden beim stürmischen Schlussapplaus nicht auf den Plätzen, es applaudierte stehend.

Prägend für das Stück ist Regisseur Benedikt Bacherts Idee, Jesus nicht als körperlose Stimme, sondern als weitere Hauptperson einzubringen. Dieser Jesus ist souverän und locker, tanzt und sitzt auch mal im Hängesessel, den er aber bei Bedarf ebenso verlässt wie das Kreuz. Oder vielmehr sie, denn den Jesus spielt Jasmin Baumgratz: voller Verständnis für alle Menschen, pragmatisch, mit klarer Linie. Das gibt schon mal Zoff mit ihrem Erdenpersonal, dem Dorfpfarrer Don Camillo. Den spielt Gunter Hauß ebenso temperamentvoll und schlagfertig (im doppelten Sinn) wie Hans Bürkin den kommunistischen Gegenspieler des Pfarrers.

Ein perfektes Paar: Schön, wie sie einander anfunkeln, aufeinander losgehen – und dann doch wieder beim Wein zusammenfinden. Aber auch Peppone hat seine Meisterin, nämlich seine Frau Ariana (energisch: Rebecca Schneider).

Die beiden wollen ihr Kind taufen lassen, Lenin soll es heißen. Nicht mit Don Camillo! Bis Jesus ihm ins Gewissen redet. Also wird die Sache entschieden wie üblich: mit den Fäusten. Mit ein bisschen Nachhilfe von oben siegt Don Camillo – und zeigt sich kompromissbereit: Der Kleine wird Libero Camillo Lenin heißen und Don Camillo ist sein Pate.

Aber dass die Roten die Wahlen gewonnen haben und nun ausgerechnet Peppone Bürgermeister wird – Don Camillo verzweifelt schier, lässt eine scharfe Predigt vom Stapel. Denn Peppone hat zum Generalstreik aufgerufen, „keiner tut nix mehr“. Mit der Sprache hat er es nicht so. Aber er überzeugt die Seinen, auch den „idiotischen Kommunisten“ und die „kommunistische Idiotin“ – Olav Seyfarth und Christina Menner zeigen sich voll der Sache der Revolution ergeben. Gründe sind da, alles wird teurer, nur die Löhne bleiben niedrig.

Zeit für die traditionelle Prozession bleibt kaum, es muss eine Demo sein – fast fliegen Kreuz und Mistgabel. Aber Fußball spielen alle. Die Motivation besteht aus puren Grobheiten, die das Publikum zum Lachen bringen. Der Ball wird auch mal ins Tor getragen, Schiri Binella (Kiran Kostka) guckt weg, bewilligt einen nicht so sauberen Elfmeter für die Roten: Sie haben es geschafft.

Dann ist da noch die Liebesgeschichte zwischen den Sprösslingen der seit Jahrhunderten verfeindeten Familien: Gina (Josephine Blust) ist Tochter des Großgrundbesitzers, Mariolino (Justin Wilper) der Sohn von Peppones rechter Hand. Sie sind eigensinnig, trotzig, zerstritten, aber sie wollen heiraten, was Ginas Vater (durchtrieben: Thorsten Scherer als Pasotti) ebenso verhindern will wie Mariolinos Mutter (Andrea Gerhold). Worauf das Paar ins Wasser gehen will, aber das ist verdammt kalt. Die große Suchaktion vereint alle Kräfte des Dorfes, sogar die verkrachten Eltern. Nicht für lange, das junge Paar wird gefunden und es gibt eine unkonventionelle Hochzeit.

Immer wieder schimmert der ernste Hintergrund des im Jahr 1948 angesiedelten Stückes durch. Die pensionierte Lehrerin Cristina (resolut bis zum Schluss: Silvia Bender) schimpft: Sie habe sich bemüht, Kindern etwas Verstand beizubringen – aber nicht, damit die in Uniformen gesteckt und wie die Hasen abgeschossen werden. Ihr Wunsch: Den Bürgerkrieg zu beenden. Den müssen ihr die beiden Erzfeinde, die so viel gemeinsam haben, dann doch erfüllen: Sie versprechen es.

Hans-Joachim Wipfler, Vorsitzender des Theaters, geht in seinem Dank an das Team auch auf diesen Aspekt ein: „Wir sind in einer Zeit, in der es schön wäre, wenn sich am Schluss die Gegner die Hand geben würden.“ Die Streithähne des Stücks nähern sich sogar einander an: Don Camillo hat, ebenso wie Jesus, durchaus ein Herz für die Anliegen der Kommunisten – und Peppone stibitzt das Jesuskind aus der Krippe, um am Ende … nein, das wird nicht verraten.

Badische Zeitung, 18.06.2024

Bühne frei für die Jubiläumssaison

Theater im Steinbruch: „Don Camillo und Peppone“ sowie „Kleiner König Kalle Wirsch“

Mit der Premiere des Kinderstücks „Kleiner König Kalle Wirsch“ startet das Theater im Steinbruch am kommenden Sonntag, 9. Juni, in die Sommerspielzeit. Am Samstag, 15. Juni, folgt zudem die erste Aufführung des Erwachsenenstücks „Don Camillo und Peppone“. Über allem steht diesmal jedoch ein geschichtsträchtiger Geburtstag.

Das Jubiläum

Gefeiert wird in diesem Sommer das Jubiläum „100 Jahre Amateurtheater in Emmendingen“. Dabei verneigen sich die heutigen Mitglieder des Theaters im Steinbruch mit selbstgedrehten Kurzfilmen vor ihren Vorgängern. Die sechs Streifen, die von den Schauspielern Michael Schäfer und Gunter Hauß initiiert wurden, werden derzeit häppchenweise auf der Homepage des Vereins veröffentlicht. Außerdem kann man sie seit Montag in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse bewundern. Ausgestrahlt werden sollen sie ab dem 24. Juni außerdem im Foyer des Rathauses.

„Alles fing mit der ‚Dramatischen Gesellschaft‘ an“, blickt der Vorsitzende Hans-Joachim Wipfler in die Historie. Im November 1924 habe diese im Dreikönigssaal erstmals „Im Weißen Rössl“ aufgeführt. Bis zum Verbot durch die Nazis neun Jahre später seien die Aufführungen überregional bekannt gewesen. Schon ein Jahr nach dem Krieg, also 1946, habe es in Emmendingen die „Freilichtspiele“ gegeben – zunächst vor dem Schlosserhaus, zwischenzeitlich zwei Jahre auf dem Schlossplatz und später auf dem einstigen Festplatz hinter der Karl-Friedrich-Schule. Daraus sei in den 1960er-Jahren die Volksbühne geworden, aus der 2002 schließlich das heutige „Theater im Steinbruch“ entstand.

Dessen rund 100 aktive Mitglieder führen in der diesjährigen Sommerspielzeit zwei ganz besondere Stücke auf. Mit dem Tag der offenen Bühne wollten sie am vergangenen Sonntag der Öffentlichkeit eigentlich einen Einblick in die Probenarbeit gewähren, mit den Theatergästen ins Gespräch kommen und nebenbei den Kartenverkauf ankurbeln. Aufgrund des Dauerregens hatte die Vorstandschaft das Ereignis jedoch schon am Vormittag abgesagt. Lediglich der Ticketschalter wurde besetzt. Hinter den Kulissen nutze man die Zeit, werkelte am Bühnenbild und feilte trotz der Nässe noch einmal an der ein oder anderen Szene.

Das Erwachsenenstück

„Das letztjährige Piratenschiff haben wir diesmal in ein Kirchenschiff verwandelt“, blickte Gunter Hauß, einer der beiden Hauptdarsteller des Erwachsenenstücks, auf die große hölzerne Konstruktion, die mitten auf der Bühne steht. Als Dorfpfarrer „Don Camillo“ wird er sich mit Bürgermeister „Peppone“, der von Hans Bürkin gespielt wird, ab dem 15. Juni in insgesamt 16 Aufführungen einen zweieinhalbstündigen Disput liefern. „Nach den vielen Abenteuergeschichten der letzten Jahre haben wir uns diesmal für eine klare Komödie entschieden – allerdings mit politischem Inhalt, der aktueller ist denn je“, erklärte Hauß.

Ende 2023 hatten die 20 Schauspieler mit den Probenarbeiten begonnen. Schon im Februar folgten die ersten gemeinsamen szenischen Proben. In den letzten Wochen führte Regisseur Benedikt Bachert die Puzzleteile zusammen und arbeitete mit den Darstellern die Details heraus. „Wir bieten das, was die Menschen am Theater im Steinbruch schätzen – unterhaltsame Szenen, tolle Dialoge, waghalsige Kämpfe und vor allem unseren typischen Humor“, zwinkerte Bachert am Sonntag. Das Drehbuch von Gerold Theobalt habe man etwas modifiziert. Jesus, so der Regisseur, werde beispielsweise „in persona“ auftreten.

Das Kinderstück

Bereits am kommenden Sonntag, 9. Juni, feiert das Kinderstück „Kleiner König Kalle Wirsch“ seine Premiere. Angelehnt ist die Fassung von Frank Pinkus an die Filme der Augsburger Puppenkiste aus den 1970er-Jahren. „Anders als in den letzten Jahren reisen wir diesmal komplett in eine Fantasiewelt“, verspricht Regisseurin Silvia Gschwendtner. Freuen dürfe man sich auf eine Erdmännchenwelt mit Tropfsteinhöhlen, Schattenquellen, Echokugeln und Vulkanen. „Es ist ein lustiges Stück, bei dem an manchen Stellen auch gepupst wird“, lächelte sie.

Silvia Gschwendtner baut diesmal auf ein ganz junges Ensemble. Von den 27 Darstellern sind 14 ganz neu mit dabei. Sie alle sind in einem Alter zwischen neun und zwölf Jahren. „Es wird diesmal definitiv ein Kinderstück“, zwinkerte die Regisseurin. Entsprechend sei „Kleiner König Kalle Wirsch“ auch für ein jüngeres Publikum geeignet. Selbst fünfjährige Theatergäste könnten das Stück gut verstehen. „Weil auch zwei, drei unheimliche Figuren dabei sind, sollten Eltern das Stück mit ihren Kindern im Vorfeld kurz durchsprechen“, so Gschwendtner.

Emmendinger Tor, 05.06.2024

100 Jahre Laientheater in Emmendingen: So kam das Theater in den Steinbruch

Das Theater im Steinbruch blickt vor dem Beginn der neuen Saison auf 100 Jahre Amateurtheatertradition in Emmendingen zurück. Ihm fehlte oft Geld, einmal war es sogar pleite. Heute blüht es auf.

„Es lag in der Luft“, sagt Stadthistoriker Hans-Jörg Jenne zur Gründung der Dramatischen Gesellschaft vor 100 Jahren. Theater gab es in Emmendingen bis dahin nur von der evangelischen Kirche, die christlich geprägte Stücke wie die Martin-Luther-Festspiele bot, sowie durch reisende Gruppen. Doch trotz des Niedergangs im ersten Weltkrieg war in den 1920er-Jahren gesellschaftlicher Optimismus zu spüren. Selbstbestimmt etwas tun, Theater vom Volk für das Volk zu bieten – so beschreibt Jenne die Motivation der Gründerväter.

Emil Geier, der SPD nahe stehend, war einer der Motoren der Dramatischen Gesellschaft, die am 29. November 1924 ihren ersten Auftritt hatte. „Dilettantenbühne“ nannte sie sich – und suchte Unterstützung bei Profis, oft vom Freiburger Stadttheater. Beim ersten „Weißen Rössl“ führte Fred Immigkofen Regie, danach Intendanzrat Harry Schäfer. Schäfer, später Geschäftsführer des Freiburger Verkehrsvereins, hatte die Freiburger Passionsspiele geleitet und nun Aufführungen der Freilichtbühnen Breisach, Emmendingen, Lenzkirch, Rheinfelden und Staufen.

Emmendingen war anfangs eine reine Saalbühne. Gespielt wurde im Dreikönigssaal und kein Aufwand gescheut: Ein Kölner Theatermaler gestaltete das Bühnenbild, 100 Lampen rückten das Ganze ins rechte Licht. Ein Handfeuerlöscher wurde ebenfalls angeschafft.

Die Breisgauer Nachrichten waren skeptisch – und nach der Aufführung begeistert. Diesem „Ritterschlag“ folgte fast alle vier Wochen ein neues Stück: Weihnachten 1924 „Hänsel und Gretel“, gefolgt von „Ein toller Einfall“ im Februar 1925, im März „Alt Heidelberg“, dann der „Raub der Sabinerinnen“ und das „Weiße Rössl“ wurde wieder aufgenommen. Wie das zu bewältigen war? „Es gab kein Fernsehen“, sagt Jenne. „Dafür aber das Bestreben, ständig Unterhaltung zu bieten.“ Doch der finanzielle Erfolg blieb aus, Spenden wurden erbeten. 1933 wurde die Dramatische Gesellschaft von den Nazis kaltgestellt. „Es gab nur noch die Nazigruppen, die die Stadt bedrängten, ihnen Räume kostenlos zur Verfügung zu stellen“, weiß Jenne aus entsprechenden Schreiben im Stadtarchiv.

Bereits 1946 durften die Laienspieler weitermachen. Wie die Volkshochschulen entsprach das Volkstheater dem Kulturverständnis der Franzosen, sagt Jenne, dessen Vater 1947 im „Weißen Rössl“ mitgewirkt hatte. Emil Geier war erneut federführend, ebenso Harry Schäfer als Spielleiter. Gespielt wurde vor dem Schlosserhaus. Es gab sogar einen Sonderstempel der Bundespost zu diesen Freilichtspielen. Aber 1949 bekam Bürgermeister Karl Faller Post von einem empörten Emmendinger Akademiker: Wie könne man nur im Goethejahr vor dem Schlosserhaus „Im weißen Rössl“ spielen – und nicht „Hermann und Dorothea“?

1959 bat der Verein einmal mehr um Spenden; er beantragte die Aufnahme in den Landesverband im Bund deutscher Volksbühnenspiele. Gespielt wurde damals der „Etappenhase“ – wieder im Dreikönigssaal. 1962, da war die Volksbühne eingetragener Verein, verlagerte sich die Szenerie auf den Schlossplatz, 1966 auf den alten Festplatz am Burghang, wo heute eine Halbtiefgarage ist. Hier fanden 1965 die Emmendinger Karl-May-Festspiele statt. Aber Kulissen und Tribüne mussten in jeder Saison auf- und abgebaut werden, Lagermöglichkeiten fehlten. Im Jahr darauf machten Wetter und Publikum dem Verein einen Strich durch die Rechnung.

Dann fand die Volksbühne ein Zuhause hinter der ehemaligen Maja-Schuhfabrik. Zum Neustart 1969 waren die Besucherzahlen eher bescheiden, doch 1972 sahen 3000 Menschen „Das Loch im Zaun“ und „Kein Auskommen mit dem Einkommen“. 1976 spielten im „Haus in Montevideo“ erstmals Kinder mit – das Theater wurde zur Familiensache, die Eltern konnten die Kleinen mitbringen. Daraus entstand ein Jahr später das Kindertheater. Zeitgleich wurde am Gelände gearbeitet, saniert, erneuert – wie heute.

Dann, 2001, der Schock: Die Volksbühne meldete Konkurs an. Der damalige Vorsitzende hatte Geld veruntreut und wurde verurteilt, der Verein zwangsweise aufgelöst. Und bekam 2002 einen Nachfolger: das Theater im Steinbruch unter der Leitung von Clemens Allweyer und Hans-Joachim Wipfler, der bis heute Vorsitzender ist. Die Zuschauerzahlen stiegen, Investitionen waren möglich: in Bühnentechnik, neue Räume, Toiletten, eine neue Tribüne. Aber es gab auch Lärmschutzauflagen – deswegen beginnen die Abendvorstellungen um 19.30 Uhr, denn um 22 Uhr muss Ruhe herrschen. Saalproduktionen ergänzten das Freilichtangebot. 2018 wurde das erste Weihnachtsstück im Freien gespielt: „Fröhliche Weihnachten, Mr. Scrooge“. Ein Riesenerfolg – weshalb es nun alle zwei Jahre geplant ist. Die Corona-Zwangspause überbrückte das Theater 2021 mit „Gretchen 89 ff“ und „1001 Nacht“, die in kleinen Gruppen geprobt wurden. 2022 besuchten erstmals mehr als 10.000 Menschen die beiden Sommerstücke, 2023 kamen rund 12.000 Gäste zum „Piratensommer.“ Dieses Jahr locken „Kleiner König Kalle Wirsch“ und „Don Camillo und Peppone“.

Badische Zeitung, 03.06.2024