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Im kreativen Dschungel der Freilichtspiele

Ein eigenes Theater hat Emmendingen nicht, wohl aber Gruppen, die auf hohem Niveau Laientheater anbieten – der neu gegründete Verein „Theater im Steinbruch“ ebenso wie die Theatergruppe, die Fritz Kendel zusammengestellt hat. Die BZ stellt diese Aktivitäten in einer kleinen Serie vor, denn alle Drei haben in den kommenden Wochen Premiere. Den Auftakt bildet das Kinder- und Jugendtheater der Freilichtspiele.

Ein Probeabend im alten Steinbruch. Die Mücken summen, die Sonne brennt und die Kinder trudeln ein. Die Hauptpersonen sind schon da, erste Szenen werden geprobt. „Das klingt zu gemütlich“, findet Simone Allweyer. Schließlich steht eine Szene auf dem Programm, bei der es um Leben und Tod geht. Die Regisseurin des Kinderstücks „Das Dschungelbuch“ erklärt’s dem kleinen Mowgli: „Da steht ein Tiger vor dir, eine Raubkatze, eine ganz schön große…“

Alexander Spöri, der den in den Dschungel verschleppten Jungen spielt, begreift schnell. Das Theaterspielen macht ihm Spaß, und das merkt man schon beim Probenbesuch. Er ist stolz darauf, erstmals eine Hauptrolle zu spielen, und die Szene, in der der böse Tiger (Moritz Vogel) ihn unbedingt töten will („nur zum Spaß, man gönnt sich ja sonst nichts“) mag er besonders gern. Aber auch das Tanzen und Singen und den Kletterbaum – eben all die Elemente, die das Volksbühnen-Gelände in einen Dschungel verwandeln werden und den jungen Besuchern mindestens ebenso viel Freude bereiten wie den Darstellern.

Das ist im Wesentlichen das Team vom Vorjahr. Der Verein heißt zwar jetzt „Theater im Steinbruch“, aber die Spieler sind ihm treu geblieben. Zwischen vier und 18 Jahren sind sie jung, die 27 Akteure, und sie proben bereits seit April. Den Anfang machte ein allgemeines Theatertraining; dabei schaut Simone Allweyer auch gleich, welche Rolle für wen passt. Dann gibt es die ersten Textproben und schließlich geht es auf das Gelände der Freilichtspiele; vorausgesetzt, das Wetter spielt mit, und das tat es in der Anfangszeit nicht immer. Auch die Ferien „schlagen zu“: Nach solch einer Pause, wie sie die Pfingstferien darstellen, gibt es Bedarf an Nacharbeit.

Viel Arbeit haben in diesem Jahr auch die Kostümspezialisten, denn für das Dschungelbuch waren keine alten Kostüme verwendbar. Karin Sulzberger, unterstützt von Elsbeth Weber, hat da Großeinsatz – allein bis all die Latzhosen für die Elefanten fertig sind…

Doch alle sind sie mit Feuereifer dabei, die Großen wie die Kleinen – egal, wie aufwändig das Textlernen, wie umfangreich die Proben sind. Was macht den besonderen Reiz aus? Simone Allweyer, der man die Freude an der Regie anmerkt, muss kurz überlegen: „Zu sehen, aus Kreativität entsteht etwas; zu sehen, dass die Kinder Freude dran haben; und schließlich, dass es eine so homogene Gruppe ist, trotz des Altersunterschieds.“ Freude am gemeinsamen Spiel, die sich auch auf die Zuschauer überträgt.

Badische Zeitung, 18.06.2002

Mitreißendes Spiel im Hitzestau

Bei dschungeltauglichen Temperaturen blieb mancher Platz leer / Ein volles Haus wäre verdient.

Regen wäre tödlich für eine Theaterpremiere im alten Steinbruch. Aber zu heiß – das ist auch nichts. Dann fehlen nämlich die Besucher . . .

So erging’s dem „Theater im Steinbruch“ am Sonntag bei der Premiere des Kinderstücks „Das Dschungelbuch“: Bei absolut dschungeltauglichen Temperaturen blieb so mancher Platz leer. Dabei haben Stück und die schauspielerische Leistung der jungen Darsteller ein volles Haus verdient. Wie der kleine Mowgli (Alexander Spöri) keck und unbekümmert durch den Dschungel flitzt, wie er sich mutig dem Tiger Shere Khan (ein schön böser Moritz Vogel) entgegenstellt und zum Schluss doch noch siegt, das machte den Besuchern viel Spaß. Nicht zuletzt durch ein mitreißendes Spiel: Selbst unterm Plüschkostüm schienen die Akteure völlig unbeeeindruckt von den Saunatemperaturen.

Etwa der tapsige Bär Baloo (Jan Schmidt): Wie er da, der Hitze trotzend, in seinem dicken Pelz über den Rasen springt, angriffslustig und fit tobt, herumwirbelt, bis ihn ein gut gezielter Kinnhaken auf die Bretter oder gegen einen Pfosten schleudert – das ist so lebendig und gut gemacht, dass man es einfach gesehen haben muss. Oder die listige Schlange Kaa (Carmelina Bühler): Wie sie sich windet, wenn sie ihren Hungertanz aufführt, wie sie die wilde Affenbande hypnotisiert – und wie ihr dann alle folgen, das ist nur eine der Szenen, die absolut professionell wirken.

Der „Affenkönig“ Benedikt Bachert musste die Premiere übrigens vom Zuschauerraum aus verfolgen – er hatte sich bei der Generalprobe den Fuß gebrochen. Für ihn sprang Gunter Hauß ein, der nach minimaler Vorbereitung eine überzeugende Vorstellung bot. Großartig auch die tapsige Elefantenpatrouille (Sarah Seng, Jessica Rist, Max Frederic Wegener, Adrian Meier und Nina Eich) unter Leitung von Oberst Hathi (Jonathan Vöhringer) und der wendige Panther Bagheera (Isabella Herdrich): Sie alle spielen so typgenau, dass das Anschauen dieses Kinderstückes auch für die Großen ein uneingeschränktes Vergnügen ist. Die kühne Wolfsfrau Raksha (Alexandra Wipfler), Rudelchef Akela (Manuel Reich) und ihr Nachwuchs (Sonia und Raphael Hartmann und Alexandra Wörnhör) passen nahtlos in dieses sehr familiär inszenierte Bild. Bagheera und Baloo geben zugleich das perfekte „Elternpaar“, das sie ja für den kleinen Mowgli sind, wenn sie darüber stöhnen, ihn ja doch nicht halten zu können . . .

Viel gesungen und getanzt wird in dem Stück. Schöne Beispiele sind die Papageien (herrlich eitel und streitlustig: Hannah Schneider, Maria Hornung, Juliana Bachert und Lina Vogel) oder die quirlige Affenhorde (Lorenz Allweyer, Janni Hornung, Constantin und Aron Herdrich, Milena Sexauer, Anja Futterer, Annabelle Spöri, Miriam Fuhrmann und Mathis Allweyer).

Ausgezeichnet übrigens die Artikulation der oft sehr jungen Darsteller: Da ist jedes Wort zu verstehen, alles kommt laut und deutlich rüber. Fazit: Unbedingt anschauen – Groß und Klein werden einen bezaubernden Nachmittag verbringen.

Badische Zeitung, 27.06.2002