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Interview über „Baron von Münchhausen“, das Premiere hat

Zum sechsten Mal hat Clemens Allweyer für das Theater im Steinbruch ein Stück geschrieben, das unter der Regie seiner Frau Simone Allweyer am kommenden Samstag, 18. Juni, erstmals aufgeführt wird

BZ: Münchhausen ist als Lügenbaron berüchtigt. Was hat Sie an dem Stoff gereizt? Haben Sie nicht tagtäglich mit Lügen zu tun – in Ihrem Arbeitsalltag bei der Staatsanwaltschaft?

Allweyer: Das liegt auf einer ganz anderen Ebene. Der Anreiz für das Stück war ein alter Film mit Hans Albers, das Drehbuch stammt von Erich Kästner; das fand ich exzellent und wollte den Stoff ins Theater bringen.

BZ: Trotzdem – fiel Ihnen das Stück deswegen ein bisschen leichter? Oder andersherum: Wo lagen die größten Schwierigkeiten?

Allweyer: Nein, es fiel mir nicht leichter, denn ich habe mir mehrere Vorgaben gemacht. Ich wollte nicht den Film abkupfern und keine Episoden aneinanderreihen. Deswegen habe ich einen roten Faden gesucht und zwei Dinge gefunden: Münchhausen war Offizier in russischen Diensten und es gab damals in Russland einen Kriminalfall. Ich schicke Münchhausen als Sonderermittler los, dessen Gegenpart ihn zu einer Verfolgungsjagd durch alle Schauplätze führt. Und er sollte berühmte Zeitgenossen treffen: Katharina die Große, wie im Film; auch wenn das historisch nicht ganz korrekt ist. Dann Casanova, den Grafen Cagliostro, die Marquise von Pompadour, Sultan Mustafa III. und Denis Diderot, den Autor der Enzyklopädie.

BZ: Jeder kennt ja einige Münchhausen-Anekdoten – den Ritt auf der Kanonenkugel oder die Szene, bei der Münchhausen sich am eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zieht. Kommen diese Storys in Ihrer Version vor oder haben Sie für Münchhausen ganz neue Lügenmärchen „ersponnen“?

Allweyer: Diese Geschichten kommen vor – aber wir erzählen die Geschichte hinter den Geschichten, und wie sie entstanden sind.

BZ: Wie arbeitet es sich als Autor, dem die Regisseurin genau auf die Finger schaut? Da gibt’s doch sicher mal Diskussionen – die dann wie enden?

Clemens Allweyer: Höchst kreativ! Zum Beispiel das Finale der Liebesgeschichte… da habe ich vier verschiedene Versionen geschrieben.

Simone Allweyer: Wenn sie sich zum Schluss kriegen, darf das nicht zu plump und nicht zu kitschig sein. Ein Autor hat oft die Tendenz, mit Worten zu beschreiben, was das Ensemble spielen kann.

Clemens Allweyer: …also zu langatmig zu sein.

BZ: Und wie ist das für eine Regisseurin, einerseits die Finger ganz am Puls des Stückes zu haben – und andererseits die Debatte über diese und jene Szene auch zu Hause?

Simone Allweyer: Was er abends geschrieben hat, lese ich am nächsten Tag, wenn ich aus der Schule komme. Wir sprechen dann über das Stück und mir kommen auch Ideen dazu – beispielsweise die Figuren aus der Commedia dell’Arte einzubauen. Die sind ein bisschen die Clowns in dem Stück.

BZ: Wie lange haben Sie für den Münchhausen gebraucht?

Clemens Allweyer: Etwa fünf Monate – denn schreiben kann ich ja nur am Feierabend, an den Wochenenden und im Urlaub. Bis Mitte Januar haben wir gemeinsam am Text gefeilt.

BZ: Was sind – neben dem unbeständigen Wetter – bei diesem Stück die größten Herausforderungen?

Simone Allweyer: Das sind die Szenenübergänge. Münchhausen reist durch halb Europa, aber im Freilichttheater können wir nicht ständig den Vorhang fallen lassen oder Licht ausmachen für einen Umbau. Das heißt, der Umbau wird in das Stück integriert und wir beschränken uns auf einige wenige Großrequisiten, um den Ort zu charakterisieren – für Katharina die Große sind das ein Schreibtisch, ein Stuhl und ein Bild von Zar Peter. Um dem Zuschauer die Orientierung zu erleichtern, hat jedes Land seine eigene Musik und seine eigene Farbe: Grün für Russland, Rot für Venedig, Blau für Paris und der Topkapipalast, in dem die Reise endet, ist kunterbunt. Und dann natürlich die verregneten Proben – wenn wir drin proben, stimmen die Größenverhältnisse nicht und wir müssen im Gelände doch wieder alles neu stellen.

BZ: Sie arbeiten erstmals im Freien mit Filmeinblendungen…

Simone Allweyer: Ja, das war eine besondere Herausforderung für unseren Techniker Michael Kraus und den Filmemacher Moritz Vogel. Weil es draußen zu hell ist, können wir keinen Beamer nutzen und setzen Flachbildschirme ein. Damit das Bild groß genug wird, sind das vier Stück, auf denen jeweils ein Teil des Bildes läuft – eine technische Glanzleistung! Sie hilft auch wieder bei der Orientierung – für Paris wird dort dann beispielsweise Notre Dame zu sehen sein.

BZ: Das Grußwort zur Saison hat diesmal ein echter Freiherr von Münchhausen geschrieben. Welche Rolle spielt der bei dieser Geschichte?

Allweyer: Gunter Hauß, der für unser Theaterheft verantwortlich zeichnet, hat entdeckt, dass Menschen dieses Namens ganz in der Nähe leben, und den Freiherrn von Münchhausen um ein Grußwort gebeten. Aber wir haben auch gesagt: Wir werden nicht die Biografie des echten Münchhausens zeigen, sondern es ist eine eigene Geschichte.

BZ: Eine eher ernste – oder gibt’s viel zu lachen und das Augenzwinkern, das schon fast Ihr Markenzeichen ist?

Simone Allweyer: Münchhausen erzählt zur Unterhaltung und zweckfrei – es ist also in erster Linie Unterhaltungstheater für die ganze Familie.

Clemens Allweyer: Die eine oder andere aktuelle Anspielung werden die Zuschauer zwar finden, aber verpackt in ein abenteuerlich-buntes Spektakel.

Badische Zeitung, 16.06.2016

Gebaut wird immer wieder

Beim Tag der offenen Bühne im Theater im Steinbruch schauten mehr als 500 Besucher hinter die Kulissen und in die Probenarbeit.

Hans-Joachim Wipfler, Vorsitzender des Theater im Steinbruch, war höchst erfreut über den Publikumsandrang beim Tag der offenen Bühne, da sich weit mehr als 500 Besucher diese Chance am Sonntag nicht entgehen ließen. Neben den Führungen hatten sie die Möglichkeit, bei öffentlichen Proben erste Eindrücke der beiden Theaterstücke, die in dieser Saison aufgeführt werden, zu gewinnen. „Baron von Münchhausen“ heißt das Theaterstück für Erwachsene. Ein unglaubliches Abenteuer, ersponnen von Clemens Allweyer, unter der Regie von Simone Allweyer. Für die jüngeren Theaterliebhaber gibt es „Der kleine Ritter Trenk“. Eine Geschichte ohne Furcht und Tadel, aber mit schönen Burgfräulein nach dem gleichnamigen Buch von Kirsten Boie. Die Regie führt hier Benedikt Bachert.

„Dieser Tag der offenen Bühne ist ein wichtiger Start in die Saison“, sagt Hans-Joachim Wipfler. Er ist angetan von dem überdurchschnittlichen Engagement in diesem Verein: „Einfach genial.“ Hinsichtlich des Barons von Münchhausens gab es zudem Kontakt nach Bodenwerder, einer niedersächsischen Kleinstadt bei Holzminden, die der Geburtsort und langjähriger Wohnsitz des „Lügenbarons“ Karl Friedrich Hieronymus von Münchhausen (1720-1797) gewesen ist. Der Baron hatte selbst keine Kinder, aber einer seiner Nachkommen lebt in Freiamt. Patrick Freiherr von Münchhausen schrieb auch das Grußwort zur Saison in der aktuellen Beilage des Theaters im Steinbruch. „Verraten darf und möchte ich aber, dass der Baron von Münchhausen selbst wirklich gelebt hat und keine Erfindung ist“, versichert er dort. Auf jeden Fall wird der „Baron von Münchhausen“ ein Mantel- und Degen-Stück, ein abenteuerliches Spektakel „mit Intrigen, Duellen, einem guten Schuss Humor und einer bittersüßen Liebesgeschichte.“

Clemens Allweyer, der auch den alten Baron von Münchhausen spielen wird, erläutert den Besuchern das Setting. Die Lügengeschichte beginnt 1762, als der noch junge Baron (Gunter Hauß) einen Spezialauftrag von Katharina der Großen (Alexandra Wipfler) erhiellt und in die Provinz ihres Zarenreiches beordert wurde. Der Baron wird in einem Kriminalfall verwickelt, stiehlt sich aus Russland davon und kommt mit seinem Burschen Raffael (Stephanie Pleuler) bei seiner ersten Station in Venedig zur Karnevalszeit an. Eine Szene mit Degenfechterei bekommen die Gäste zu sehen, in der der Baron wohl unterliegt. Die Regisseurin Simone Allweyer war mit dieser Sequenz nicht ganz zufrieden, ließ alle Akteure nochmal diese Szene spielen, bis die Fechtszene sitzt und die Musik dazu punktgenau gespielt wird. Auch Brillen dürfen aufgrund der Authentizität nicht getragen werden. Bei der öffentlichen Probe drückt Simone Allweyer noch einmal ein Auge zu.

„Angefangen haben wir im November“, erläutert Simone Allweyer den Gästen. Im Februar wurden die Rollen verteilt, ehe im März die ersten Scenen geprobt wurden. Nicht selten erschwerte auch der Regen die Proben. Aber damit muss ein Freilichttheater leben.

Beim Tag der offenen Bühne führt auch Barbara Seyfarth, Leitung des Spielbetriebs Erwachsene, die Besucher hinter die Kulissen. Wichtig ist die eigene Schneiderei, in der Ehrenamtliche die Kostüme auf die jeweilige Person zuschneiden. Wichtig sind aber auch diejenigen, die in den Pavillons die Gäste mit Getränken, Speisen und Eis versorgen. „Sie verbringen mit uns den Sommer“, sagt Barbara Seyfarth. Sie gewährt den Besuchern einen Einblick in den Handwerks-Container, weist auf das neue Podest auf der Spielfläche hin, das nun aus Naturstein besteht. Es wärmt sich nicht in der Sonne so stark auf. Außerdem sind Löcher in den Platten gebohrt, um einen Vorhang als Bühne auf der Bühne einzulassen. An der Stelle, an der sonst zwei Container standen, ist aktuell eine Baustelle. Dort wird ein Unterstand für Großrequisiten gebaut. Die Sitzflächen auf der Haupttribüne wurden nochmals ausgewechselt, da das installierte Holz der Bänke sich nicht als witterungsbeständig erwies. Die Haupttribüne bietet jetzt Platz für 321 Personen. Die beiden nicht überdachten Seitentribünen können bei Bedarf als weitere Sitzmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Neu am Spielgebäude am linken Bühnenrand ist auch ein großer Monitor, auf dem Filmsequenzen zu den jeweiligen Theaterstücken zu sehen sind. Der Verein investierte nochmal 40 000 Euro.

Badische Zeitung, 07.06.2016

„Der Baron von Münchhausen” in Emmendingen

Das Wetter meinte es nicht gut, als „Der Baron von Münchhausen” am Samstag, 18. Juni, im Theater im Steinbruch Emmendingen Premiere feierte. Es regnete zunächst in Strömen, was den Zuschauern auf der überdachten Tribüne nicht viel ausmachte. Dass die Akteure trotz dieser Wetter-Widrigkeiten zu Höchstform aufliefen, verdient großen Applaus. Chapeau!

Am Telefon hatte mir der Veranstalter noch versichert, dass in Emmendingen eitel Sonnenschein herrschen würde, als wir jedoch dorthin unterwegs waren, wurde der Himmel mit jedem gefahrenen Kilometer dunkler und der Regen setzte ein. Als es dann noch schwierig wurde, das Theater am Steinbruch überhaupt zu finden, befürchtete ich schon, wir müssten unverrichteter Dinge wieder den Heimweg antreten. Endlich kam ein winziges Hinweisschild in Sicht und wir fanden das versteckte Kleinod und danach auch noch unsere Plätze auf der vollbesetzten Tribüne. Das Stück hatte noch nicht begonnen, denn einige Helfer vollführten auf der Bühne einen Besentanz, um die Bretter, die die Welt bedeuten, vom Wasser zu befreien.

Was sich dann ereignete, war eine der schönsten Überraschungen, die mir im Theater je zuteil wurde. Dem Regen zum Trotz, mit stoischer Haltung und viel Herzblut bewiesen die Darsteller ihr Schauspiel-Talent. Das Stück, ein sentimentaler Rückblick des alten Baron von Münchhausen auf sein turbulentes Leben, beginnt zunächst in Russland, wo Münchhausen von Katharina der Großen den Auftrag bekommt, eine Mörderin zu stellen. Die Jagd nach der Verbrecherin führt ihn zunächst nach Venedig, dann über Paris an den Bosporus. Dabei kreuzen einige Berühmtheiten aus der Zeit des Rokoko seinen Weg, darunter Giacomo Casanova, die Marquise de Pompadour und der undurchsichtige Graf Cagliostro. Seine ständigen Begleiter sind Arlequino, Colombina und der Dottore, die klassischen Figuren der Commedia dell’arte.

Das Stück, erdacht von Clemens Allweyer, und in der Regie von seiner Frau Simone umgesetzt, ist ein farbenfrohes Zeitbild des 18. Jahrhunderts, voll spritziger Dialoge, turbulenter Fechtszenen und Tänze, das den Zuschauer in eine wundersame Phantasiewelt entführt. Bemerkenswert ist auch das Zusammenspiel zwischen dem Bühnengeschehen und einer Video-Wand, die dem alten Baron von Münchhausen zum Rückblick auf sein Leben diente. Vor dem stimmungsvollen Hintergrund des Steinbruchs ein unvergessliches Erlebnis, das die Fahrt nach Emmendingen wirklich lohnt. Bis zum 6. August wird der „Baron von Münchhausen” noch an den Wochenenden und mitunter auch mittwochs dort zu sehen sein. Ein Stück, bei dem Jung und Alt gleichermaßen auf ihre Kosten kommen. Wer auf der Suche nach „Wohlfühl-Theater” ist, dem sei „Münchhausen” unbedingt ans Herz gelegt.

Galerie:Ortenau, 20.06.2016

Lügenbaron wider Willen

Clemens Allweyer bringt eine Textversion des „Baron von Münchhausen“ auf die Bühne des Theater im Steinbruch

Er ist wider seinen Willen als Lügenbaron in die Geschichte eingegangen, auf einer Kanonenkugel durch die Lüfte sausend. Jetzt hat Clemens Allweyer eine eigene Textversion zu „Baron von Münchhausen“ für die romantische Freilichtbühne im Emmendinger Steinbruch geschrieben: Ein Mantel- und Degenstück mit Commedia dell’Arte-Elementen, einer Prise Fantasy und prallbunten Reiseimpressionen aus dem 18. Jahrhundert. Vor allem aber einem spielfreudigen Einsemble mit 23 Laiendarstellern in dreißig Rollen (Regie: Simone Allweyer).

Die Geschichte beginnt per Rückschau: Auf dem Bühnenschuppen (Filmclips: Moritz Vogel) ist ein Stillleben mit Kerze, Schreibfeder und Tintenfass zu sehen, dann der alte Münchhausen, der eben seine Erinnerungen zu Papier bringt, dazu eine Erzählerstimme aus dem Off. Das macht den Einstieg erst einmal etwas behäbig, zumal die folgende Szene ziemlich komplex ist: Münchhausen (Gunter Hauß) hat Audienz bei Katharina der Großen (Alexandra Wipfler), es geht um Intrigen, Umsturz und eine Massenmörderin. Diese (Franziska Bosch) trickst ihn dann prompt bei ihrem Unterschlupf im Wald aus, tötet seinen Begleiter und katapultiert ihn in einen Sumpf, aus dem er sich nicht am eigenen Schopf wieder herauszieht, sondern von Raffael alias Rahel (Stephanie Pleuler) gerettet wird. Der wird ihm treuer Begleiter und später Geliebte.

So richtig erschließen sich die Hintergründe in dieser Inszenierung nicht – was aber auf den ersten Blick nichts ausmacht, weil dafür turbulentes Stationentheater geboten wird: Von Sankt Petersburg geht es nach Venedig, von dort nach Paris und zum Sultan von Istanbul (Gottfried Groener). Das bedeutet turbulente Gruppenszenen mit tollen Kostümen und Kulissen – und jede Menge spannender Bekanntschaften: Trifft Tausendsassa Münchhausen doch nicht nur Giacomo Casanova (Michael Schäfer), den berühmtesten Schürzenjäger Europas, und flüchtet mithilfe der liebestollen Gefängniswärtertochter mit ihm aus den Bleikammern Venedigs. Auch die Marquise de Pompadour (Silvia Jessen, Doris Watzka), der berühmte Enzyklopädie-Autor Denis Diderot (Christian Fuhrmann) und der Okkultist und Scharlatan Alessandro Graf von Cagliostro (Hans Bürkin) kreuzen seinen Weg, während er die Saltykowa jagt und die drei Commedia dell’Arte-Clowns Arleccino, Dottore und Colombine immer wieder die Szene aufmischen.

Witzige Regie-Ideen, Slapstick, Tanz- und Fechteinlagen (Choreografie: Miriam Schwenk, Benedikt Bachert) – dazu immer wieder traumschöne Szenen wie Münchhausens (Drogen-)Reise zum Mond in nachtblauem Licht und stimmungsvoller Naturkulisse machen diese Inszenierung so unterhaltsam wie kurzweilig, wenn auch der rote Faden bisweilen verloren geht: Zu episodenhaft-gestückelt ist die Geschichte mit ihren ständigen Orts- und Szenewechseln, um wirklich einen Spannungsbogen aufzubauen. Der Wust aus Intrigen ist kaum zu durchschauen. Spaß macht’s trotzdem und das ist unbedingt den engagierten und stellenweise sehr ambitionierten Akteuren zu verdanken.

Badische Zeitung, 30.06.2016