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Fast schon ein Zweitberuf

Das Theater am Steinbruch blickt auf eine außergewöhnlich gute Sommersaison zurück und plant ein Weihnachtsstück – draußen!

Das gab’s noch nie: Das Theater im Steinbruch plant für das zweite und dritte Dezemberwochenende je zwei Aufführungen von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte – im Steinbruch! Auch die Sommersaison 2018 lief einmalig: 9300 Karten und damit rund 1000 mehr als im Vorjahr wurden in den sieben Wochen Spielzeit verkauft, so die erste Bilanz.

„Das Wetter hat uns natürlich in die Karten gespielt, wir waren recht früh über das Ticketsystem ausverkauft“, sagt Vorsitzender Hans-Joachim Wipfler. Aber das war’s nicht allein: „Die Stücke haben den Leuten was gesagt, das Erwachsenen- vielleicht noch mehr als das Kinderstück“, ergänzt seine Stellvertreterin Jasmin Baumgratz. Vor allem „Die drei Musketiere“ haben gezogen, aber auch Timm Thaler sei angekommen. „Und wir haben viele Stammkunden.“

Das hat sich das Team hart erarbeitet. „Wir haben uns einen sehr guten Namen gemacht, sind vom guten zum Spitzen-Laientheater geworden“, sagt Wipfler. Spätestens nach der Premiere setzte die Mund-zu-Mund-Propaganda ein. All das führte dazu, dass in den Vorverkaufsstellen bei ihm im Geschäft bald keine Karten mehr zu haben waren – und das können viele Leute nicht verstehen, berichtet er.

Das Einzugsgebiet des Theaters im Steinbruch reiche mittlerweile von der Schweizer Grenze bis nach Offenburg, vom Kaiserstuhl über das Elztal bis St. Peter und St. Märgen. Besucher kommen aber auch über Kontakte zu anderen Bühnen, deren Mitglieder die Emmendinger besuchen und die im Gegenzug auch von Mitgliedern des Theaters im Steinbruch besucht werden. Das macht Spaß – und gibt spannende Rückmeldungen zu Spiel und Stücken, sagen die beiden.

Der Andrang macht viel Arbeit. Pro Vorstellung werden an die 50 Personen benötigt – vor und hinter den Kulissen. Selbst das Team im Bewirtungspavillon hat seine eigene Bühne, wie es Wipfler formuliert. Sie haben Spaß an der Sache – ohne das ginge es auch gar nicht bei 28 Vorstellungen in dieser Saison. Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag… „Am letzten Abend waren wir nach dem Aufräumen froh, dass alles fertig ist“, sagt Wipfler und fügt hinzu: „Die Schauspieler würden gern weiterspielen.“

Und das werden sie – am zweiten und dritten Adventswochenende. Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte auf der Freilichtbühne in Emmendingen – das gab’s noch nie. Wipfler hatte das Projekt zum Saisonende angekündigt – und hätte „gefühlt gleich 50 Karten verkaufen können“. Klar, das Wetter sollte mitspielen – es darf gern klirrend kalt sein, aber nicht zu nass – aber der Park bietet so viele Möglichkeiten, mehr als nur Glühweinverkauf. Und gegen Kälte gibt’s schließlich Decken und warme Klamotten. Die Stückidee geistere schon länger durch den Verein, sagt Baumgartz; Gunter Hauß und Benedikt Bachert haben schon mal mit dem Gedanken gespielt. Und in diesem Jahr passt das Sommer-Bühnenbild perfekt, „wir haben alles, was wir brauchen.“ Ein bisschen ist die Idee auch der Raumnot geschuldet: Wo spielen und, noch schwieriger, weil so oft, proben? ergänzt Wipfler. Und der Steinbruch im Winter – das sei eine völlig andere Bühne.

Andere Vereine klagen darüber, dass ihnen die Helfer ausgehen. Beim Theater im Steinbruch ist das anders, beim ersten Aufruf meldeten sich gleich mehr Schauspieler als benötigt, aus beiden Ensembles – denn für die Weihnachtsgeschichte werden alte wie junge Menschen gebraucht. „Das verbindet beide Ensembles“, freut sich Baumgratz.

Trotzdem – wie hält man sie bei der Stange? „Vorbild sein, da sein, mitmachen“, sagt Wipfler. Und auch mal Danke sagen: An die Regie und die Ensembles, die stunden- und tagelang geprobt haben; an die vielen Helfer: „Der Aufwand hintendran wird oft gar nicht gesehen – und ist fast grenzwertig, fast ein Zweitberuf.“ Der dann mit den Sommerstücken 2019 weitergeht. Mit welchen? Das wissen die beiden an der Spitze noch nicht, der Spielbeirat wird das nach den Sommerferien beraten und entscheiden. „Wir sind ein sehr demokratischer Verein“, sagt Wipfler. „Deswegen findet jeder bei uns seinen Platz, etwas, das ihm Spaß macht“, ergänzt Baumgratz, „vielleicht ist das der Schlüssel zur Motivation.“

Der zu funktionieren scheint: Das Theater im Steinbruch hat mehr als 400 Mitglieder. Und wer mal beruflich oder familiär pausieren müsse, komme danach meist wieder.

Badische Zeitung, 09.08.2018

Vom Strahlemann zum Sauertopf

Das Theater im Steinbruch feierte am Sonntag die Premiere des Kinderstücks „Timm Thaler“

Im Theater im Steinbruch fand am Sonntag die Premiere des diesjährigen Kinderstücks statt. Unter der Regie von Simone Allweyer inszenierten 26 Kinder und Jugendliche zwei Stunden lang den Roman „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ von James Krüss.

Das 1962 erschienene Werk erzählt die Geschichte des armen Waisenjungen Timm Thaler, der dem reichen Schiffsreeder Baron Lefuet per Vertrag sein Lachen verkauft. Dafür erhält er die Fähigkeit, jede Wette zu gewinnen. Seine Einsätze auf der Pferderennbahn bringen ihm zunächst großen Reichtum. Doch freuen kann er sich darüber nicht. Immer mehr sondert er sich ab. Langsam dämmert ich, dass Lebensfreude wichtiger ist als Geld. Doch wie kommt Timm Thaler aus dieser Nummer wieder raus?

Im diesjährigen Kinderstück widmet sich das Theater im Steinbruch dem Faust-Motiv auf kindgerechte Weise. Timm Thaler erliegt den Versuchungen von Baron Lefuet (rückwärts: Teufel) und tauscht seine juvenile Lebensfreude gegen materielle Lust. In Zeiten von Kapitalismus, Digitalsucht und Entfremdung von der Natur ist dieses Thema aktueller denn je. Durch die Auswahl des Stücks von James Krüss konfrontiert das Freilichttheater junge Menschen mit wichtigen Fragen.

Die starke Inszenierung verstärkt die Botschaft zusätzlich. Am Sonntag bewiesen die 26 jungen Akteure zum einen eine erstaunliche schauspielerische Reife. Gemeinsam füllten sie insgesamt 56 Rollen aus. Es gab nicht einen Hänger, im Gegenteil: Ausdrucksstark verliehen die Kinder und Jugendlichen dem Stück ihr Profil. Cornelis Huber alias Timm Thaler vollzog schleichend aber spürbar die Metamorphose vom Strahlemann zum Sauertopf („Magst du nicht oder kannst du nicht?“). Pascal Jessen (Baron Lefuet) spielte bedrohlich den Teufel. Nicolai Jessen führte als handysüchtiger Hiphop-Proll (Erwin) die Teenie-Gang an und rappte sich in die Herzen des Publikums („Reich wie ein Scheich“).

Zum anderen webte Regisseurin Simone Allweyer kleine wirkungsvolle Details ein. Die schick gekleidete, aber pseudo-höfische Gesellschaft auf der Galopprennbahn stand für die längst schon dem Mammon verfallene Erwachsenenwelt. Nicht ganz so verdorben schien die Teenie-Gang mit ihren St. Pauli-Shirts. Hier ist noch nicht alles verloren. Frau Kreschimir (Luisa Nübling), die die Machenschaften von Lefuet durchschaut, trägt jungfräuliche Hippiekleider. Vertrauen und Ehrbarkeit strahlten die Seemänner durch ihren norddeutschen Akzent aus. Emotional waren zudem die Monologe Thalers vor dem Grab seines Vaters. Hier tauchte der Protagonist immer wieder unter die Oberfläche. Ebenfalls interessant: das clowneske Stück im Stück, das die Handlung und Moral in eine Nussschale packte.

Das Wetter am Sonntag war herrlich warm. Von den nahezu voll besetzten Rängen regnete nach dem Stück ein wohltuender Beifall auf die jungen Akteure nieder. Timm Thaler – ein Werk, das sich nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene lohnt. Aufgrund der aufgeworfenen Fragen hallt es lange nach.

Emmendinger Tor, 27.06.2018

Dem Teufel das Lachen entrissen

Timm Thaler: In atemberaubendem Tempo schaffen es 26 junge Schauspieler, den Figuren ein beeindruckendes Profil zu verleihen.

Der 1962 erschienene Buchklassiker „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ von James Krüss ist auch heute noch Kindern wohlbekannt. Die Inszenierung am Theater im Steinbruch besorgte die begnadete Regisseurin Simone Allweyer. Am Sonntag war die Uraufführung mit einem äußerst spielfreudigen Team von jungen Schauspielern, die ihre Figuren gekonnt zum Leben erwecken. Fazit: Wo man mit seinen Freunden lachen kann, hat der Teufel seine Macht verloren.

Wer träumt nicht davon Geld zu haben, soviel man will ? Das kann einen schon als sehnlichsten Wunsch verfolgen, wenn man in einem Alter ist, von dem Erwachsene annehmen, man könne sich vor kindlicher Sorglosigkeit kaum fassen. Timm Thaler (großartig der erst 14-jährige Cornelis Huber) aber hat Sorgen, Geldsorgen und andere auch. Er ist Waise, nun muss Timm bei seinem verwöhnten Stiefbruder Erwin (Nicolai Jessen) und seiner Stiefmutter (Svenja Mutschler) leben. Die ist nicht einmal böse, sondern nur eine überkandidelte Schlampe, die das Haushaltsgeld für Kuchenorgien verschwendet. Wenn dann ein geheimnisvoller Baron namens L. Lefuet (Pascal Jessen), einem anbietet, für die so klein erscheinende Gabe des bezaubernden Lachens ein steinreicher Mensch zu werden – da muss ein Junge wie Timm Thaler einschlagen. Und gewinnt fortan jede Wette. Doch darüber, so will es der Vertrag, kann er leider nicht mehr lachen.

Diese Aufführung hat sich inhaltlich nicht allzu weit vom Roman entfernt und versucht, mit der Geschichte Kapitalismuskritik zu verbinden. Das heißt zunächst, dass der Glanz von Grandhotel und Pferderennbahn mit den Bildern der Armut geschnitten wird, aus der Timm Thaler kommt. Zugleich wird die offen zur Schau gestellte Gier nach Reichtum gezeigt, wenn der unheimliche und dämonische Baron immer auf der Jagd nach guten Geschäften um die Welt jettet. Vor allem aber betont er, deutlicher noch als Krüss, dass es eben nicht damit getan ist, wenn jener Lefuet dem Jungen sein Lachen abschwatzt. Was bei Timm jungenhaft und niedlich ist, wirkt bei Lefuet sadistisch und gemein.

Das ist sehr gekonnt geschauspielert, was Intelligenz und Tücke angeht: Er protzt mit allem, was er hat, er lacht am lautesten aus Schadenfreude. Man kennt solche Gestalten, man durchschaut sie, und indem Regisseurin Allweyer gerade diese Dimension so betont, erzählt sie davon, was unsere Zeit von der Entstehungszeit des Romans unterscheidet. Besonders listig müssen sich Lefuets Gegenspieler nun nicht mehr anstellen, um dem Teufel das Lachen zu entreißen oder die hübschen Augen, die er Karoline Kreschimir (Luisa Nübling) abgeschwatzt hat. Am Ende sitzt der Baron Lefuet vernichtet auf der Bühne und Timms Freund Jonny (Lukas Kadlec) stellt fest: „Stinkreich, aber ein armer Teufel.“

Übrigens, diese Aufführung löst Krüss‘ Anagramm nicht auf. Die wahre Identität des Barons Lefuet, nämlich der Teufel persönlich zu sein, wird nur angedeutet. Wunderbar, wie heldenhaft Timm Thaler gespielt wird, der zum reichen jungen Erben avanciert ist. Er hat in Baron L. Lefuet einen aalglatten diabolischen Gegenspieler und in Jonny einen zupackenden Helfer. Das Ehepaar Rickert (Nico Brill und Lena Haye), weitere Freunde von Timm, näseln echt hanseatisch. In atemberaubendem Tempo schaffen es die 26 jungen Schauspieler, sämtliche der weiteren etwa 58 Rollen zu übernehmen und den Figuren ein beeindruckendes Profil zu verleihen. Faszinierend ist die Wandelbarkeit des Bühnenbilds.

Zauberhafte Szenen werden gezeigt. „Schwan kleb an“ ist die Puppengeschichte von der Prinzessin, die nicht lacht, und bei der der Koch, Küchenjunge, Küchenmagd, Wachsoldat und Zofe, Hofnarr, König und Vagabund am Ende doch die Prinzessin zum Lachen bringen. Großartig, Timms doofer Stiefbruder Erwin, der mit seiner Gang Max, Paula, Tanja, Jenny und Julchen „Reich, reich, reich wie ‘n Scheich“ rappt.

Das knapp zwei Stunden dauernde Bühnenstück erzählt eine äußerst spannende Geschichte. Die Regisseurin hat ein paar aktuelle Anmerkungen in den Text einfließen lassen, Anspielungen etwa auf den Irak, in dem des Barons geheimnisvolles Land Mesopotamien liegt, und auf die Kriegsgewinnler, die mit Waffenverkäufen ihr Unwesen treiben. Das passt gut in die heutige Welt, in der auch „Zahlen, nicht Gefühle regieren“.

„Och, das war’s jetzt?“, fragt ein Mädchen in die Stille nach dem großen donnernden Applaus hinein. Es konnte getröstet werden, denn es gibt ja weitere Aufführungen.

Badische Zeitung, 26.06.2018

Umjubelte Premiere beim Theater im Steinbruch!

Kinderstück „Timm Thaler“ kam beim Publikum bestens an!

„Timm Thaler hat als Waisenjunge eigentlich nicht viel zu lachen. Dennoch lacht er gerne und oft, und diesem Lachen kann niemand widerstehen, auch nicht der geheimnisvolle Baron Lefuet. Er überredet Timm, ihm sein Lachen zu verkaufen. Im Gegenzug gewinnt Timm ab sofort jede Wette. Mit seiner neuen Fähigkeit wird er reich, sogar der reichste Junge der Welt. Doch bald erkennt Timm, dass ein Mensch ohne Lachen kein richtiger Mensch ist. Er macht sich deshalb auf, sein Lachen zurückzuholen. Der Baron unternimmt alles, um dies zu verhindern. Zum Glück hat Timm Freunde: den Steuermann Jonny, den Reedereidirektor Rickert und die Chefstewardess Karoline Kreschimir. Sie hecken einen dreisten Plan aus, um den Baron zu überlisten. Dafür bleibt ihnen nur wenig Zeit…“ – soweit die Vorschau des Theaters auf das diesjährige Kinderstück. Ob der Plan aufgeht und was es bei dessen Umsetzung alles zu erleben gibt, sollte man am besten selbst bei einem Besuch im Freilichttheater selbst erleben.

Das Premierenpublikum jedenfalls genoss die über zwei Stunden in der idyllischen Freilichtbühne. Das über 50-köpfige „Timm-Thaler-Team“ wurde jedenfalls zum Schluss frenetisch gefeiert. Theater-im Steinbruch-Vorsitzender Hans Joachim Wipfler bat nach dem lang anhaltenden Schlussapplaus für die Schauspieler das gesamte Team hinter den Kulissen mit auf die Bühne. Monatelanges Proben (in den letzten beiden Wochen sogar täglich!) wurde heute mit dem wohlverdienten Applaus für das Gesamtpaket belohnt. Ein strahlendes Team am Ende des verkauften Lachens!
Blumen gab es dann für Regisseurin Simone Allweyer und jeweils ein kleines Geschenk für das sie unterstützende Team (Regie-Assistenz Clemens Allweyer, Kathleen Blust, Silvia Gschwendtner, Silvia Jessen, Rebecca Schneider) sowie für Technik, Bewirtung…

Sicher bedarf es nicht der Aufforderung von Vorsitzendem Wipfler, der empfahl, überall für den Besuch des Kindertheaterstücks nach James Krüss zu werben. Wer heute die beeindruckende schauspielerische Leistung mit Textsicherheit, Singen, Tanzen, Rappen erlebte, der wird gerne davon weiter erzählen.

RegioTrends, 24.06.2018

Jemand anderes sein

26 Kinder und Jugendliche schauspielern im Theater im Steinbruch Emmendingen / Ein Probenbesuch.

„Geht los – und go! „, ruft Regisseurin Simone Allweyer. Zwei Jungs betreten die Freilichtbühne im Steinbruch in Emmendingen. In coolen dunklen Klamotten latschen sie über den Bühnenrasen. Sie suchen den Rest ihrer Bande, genauer: die Mädchen. „Die müssen sich bestimmt noch aufstylen“, lästert Erwin, Anführer der Kinder-Gang, und verdreht genervt die Augen. Doch in Wahrheit sind sie ganz in der Nähe…

Im Theater im Steinbruch laufen die Proben für das diesjährige Kinderstück „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ derzeit auf Hochtouren. Premiere ist am 24. Juni, da muss alles sitzen: Wann welche Hand auf welche Schulter gelegt wird, wer wann wohin geht und guckt … Aber die Stimmung ist entspannt. Die Emmendinger Truppe hat viel Erfahrung und aufgrund ihrer tollen Arbeit seit Jahren viele Fans.

Heute regnet es, die Schauspieler werden nass, doch davon lassen sie sich nicht stören. So ist das halt, wenn man unter freiem Himmel spielt. „Da müssen wir bei den Aufführungen ja auch durch – es sei denn, es ist richtig schlimm, dann wird ganz abgebrochen“, sagt Josephine Blust (12), die die Tanja spielt, ein Mädchen aus Erwins Gang. „Gegen den Regen anzureden ist eine gute Übung. Dabei lernen wir, laut und deutlich zu sprechen.“

26 Kinder und junge Leute zwischen neun und 24 Jahren sind an „Timm Thaler“ beteiligt. Ein weiterer ist Nicolai Jessen (13). Er verkörpert den Gang-Anführer Erwin, der gleichzeitig der Stiefbruder von Hauptfigur Timm ist. „Wir in der Gang sind alle supercool drauf, Erwin ist sogar fast schon ein bisschen assig. Die Mädchen sind ziemliche Zicken – und sie alle mögen Timm nicht“, erklärt Nicolai die verschiedenen Typen in der Bande.

Wer von den Figuren wie tickt, ist natürlich teilweise vom Stück vorgegeben, teilweise wird es vom Theaterteam erarbeitet. „Das machen wir jedes Jahr auf unserem Hüttenwochenende“, erzählt Josephine. „Toll ist, dass wir Schauspieler auch unsere Ideen einbringen können, nicht nur die Regie.“ „Die Rollen, also die Eigenschaften der Leute und das Kostüm und so, werden dann bis zur Endprobe immer weiter entwickelt“, ergänzt Nicolai.

Heute hatte er zum Beispiel die Idee, seinem coolen Erwin noch eine protzige Goldhalskette zu verpassen. Regisseurin Simone Allweyer fand den Vorschlag klasse. Außerdem wurde ausprobiert, welche Sonnenbrille zu zwei Fotografen passt, die auch im Stück vorkommen. Und welche Sorte Chips soll die Gang auf der Bühne futtern? Die Schauspieler sind sich einig: keine Markenchips!

Josephine ist jetzt in der dritten Saison im Theater im Steinbuch dabei, Nicolai in der fünften. Was gefällt ihnen am Theaterspielen? „Es macht riesigen Spaß, das Publikum zu beeindrucken. Und es ist toll, mal jemand anderes sein zu können“, sagt Josephine. Das findet Nicolai auch: „Es ist zwar ein zeitaufwändiges Hobby, aber es ist super, einen großen Applaus zu bekommen. Und es ist toll mit den Leuten hier. Wir kennen uns alle richtig gut und sind fast wie eine Familie.“ Und die hält zusammen. Deshalb muss Josephine jetzt wieder ran. Einspringen für eine Kollegin, die nicht kommen konnte.

Badische Zeitung, 16.06.2018

Alles in Eigenregie

Vor der Sommerspielzeit gibt es im Amateurtheater im Steinbruch viel zu tun

In Emmendingen spielt das Amateurtheater im Steinbruch ab dem 16. Juni die Stücke „Die drei Musketiere“ nach Alexandre Dumas und „Timm Thaler“ nach James Krüss. Ein Besuch kurz vor Beginn der Sommerspielzeit.

Ruhig liegt der schöne Park vor der Freiluftbühne. Noch sind die Hütten geschlossen, welche der Bewirtung dienen. Requisiten aus früheren Stücken machen den Spaziergang auf dem schattigen Gelände zu einer Entdeckungstour: Ein Drachenkopf vom Stück „Der kleine Ritter Trenk“ (aus 2016) lugt zwischen grünem Buschwerk hervor, ein mannsgroßes Ziffernblatt aus „Momo“ (2017) lehnt an einer Wand.

Auf einer Leiter stehend zieht Bühnenmalerin Jutta Wefers, die ansonsten im Malsaal des Theaters Freiburg mitwirkt, hochkonzentriert mit ruhiger Pinselführung eine schattengraue Linie. Aus einer Plattenfläche wird das Relief einer Kalksteinmauer, wunderschöne Patina zaubert Atmosphäre. Simone Allweyer, die beim Kinderstück Regie führt, streicht derweil mit großer Rolle noch zwei Leinwände.

Wer zu den 100 Aktiven der rund 400 Vereinsmitglieder gehört, erfüllt im Lauf des Jahres viele Aufgaben. Jugendliche lernen, wie man mit dem Akkuschrauber umgeht oder bauen ihr Interesse für die Veranstaltungstechnik aus. Die dreiteilige Bühne haben neun Bauleute mit vielen Helfern errichtet – multifunktional natürlich: Was bei den Musketieren ein Käsegeschäft mit goldgelbem, selbst gefertigtem Bühnenkäse ist, verwandelt sich dank einiger Zusatzplatten mit detailreich gemalten Bullaugen bei „Timm Thaler“ in ein Dampfschiff. Damit die Rauchwolken bei den Aufführungen beeindruckend aus dem dicken Schiffsschornstein quellen, hat das Bauteam bei der Bühnenkonstruktion eigens ein Rohrsystem verlegt.

In der Nähstube bespricht Regisseurin Allweyer mit Karin Sulzberger die noch fehlenden Accessoires für „Timm Thaler“, der im Stück auf abenteuerlichen Wegen sein verkauftes Lachen zurückgewinnt. „Hier wird man erfinderisch“, kommentiert Sulzberger, die als Industriekauffrau ansonsten vor allem auf Englisch kommuniziert. Seit der Theatergründung im Jahr 2002 ist sie im Verein aktiv. Die typische Frühsommerstimmung ist ihr längst vertraut, wie sie lachend erzählt: „Die Anspannung wächst jetzt von Tag zu Tag, jeder verarbeitet das nach seinem Charakter. Aber nach der Premiere sind alle wieder normal.“

Gegen Abend bevölkert sich auch die Bühne. Nach und nach trudeln die Schauspieler ein, wärmen sich vor der noch leeren Zuschauertribüne in beeindruckenden Fechtduellen auf. „Die Jungs mussten ihre Haare und Bärte wachsen lassen“, erzählt Simone Allweyer und lacht. „Das steht den derben, verratzten Musketieren besser als Kunsthaar.“ Für die kampfreich inszenierten Abenteuer des jungen Bauernsohns D’Artagnan haben einige Darsteller zusätzlich ein Fechttraining absolviert.

Pünktlich beginnt die Probe. „Können wir Musik haben?“, ruft Regisseur Benedikt Bachert, der mit dem Theater im Steinbruch aufwuchs und 2015 seine Schauspielausbildung im Freiburger E-Werk abschloss. Bühnentechniker Michael Kraus, der von seinem Platz aus das ganze Geschehen überblickt, spielt den Sound zur ersten Kampfszene ein.

In den letzten Nächten vor der Premiere wird er mit Regisseur Bachert den Lichteinsatz der 45 Scheinwerfer planen. Sämtliche Musikstücke und Klänge haben diesmal Lena Lapschansky und Benjamin Riesterer vom Emmendinger Tonstudio „Tonpony“ produziert. Die Kostüme hat der Verein als Mitglied des Verbandes Deutscher Freilichtbühnen in Ötigheim (Landkreis Rastatt) ausgeliehen.

Der Sonntag, 10.06.2018