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Von Gilchen, Raxeln und Klugschnackern

Im Theater  feierte das Kinderstück „Kleiner König Kalle Wirsch“ seine Premiere

Das Theater im Steinbruch ist erfolgreich in die diesjährige Sommerspielzeit gestartet. Etwas mehr als 400 Besucher erlebten am Sonntagnachmittag die Premiere des Kinderstücks „Kleiner König Kalle Wirsch“. Trotz des leichten Nieselregens war die Vorstellung ausverkauft.

Für zwei Stunim Steinbruchden entführten Regisseurin Silvia Gschwendtner und die 27 jungen Darsteller das Publikum ins zauberhafte Erdmännchenreich der Trumpe, Murke, Gilche und Wirsche. Deren stoffeliger, aber gewiefter König Kalle Wirsch (Annabelle Borowski) hat nicht nur fiese Rückenschmerzen, sondern muss so schnell wie möglich in der WiGiTruMu-Burg erscheinen, um den entscheidenden Zweikampf mit Widersacher Zoppo Trump (Emma Muser) zu führen. Erreicht Kalle die Anhöhe nicht zur rechten Zeit, ist die Königswürde futsch. Als Komplizin von Zoppo Trump versucht die schlaue Spinne (Emma Kottmeier) daher alles, den Amtsinhaber aufzuhalten. Ob Tropfsteinhöhle, Echokugeln oder Vulkanwelt – überall warten Gefahren, Fallen und Prüfungen. Zum Glück hat Kalle die beiden geschrumpften Menschenkinder Jenny (Mira Rombach) und Maxi (Luisa Elzner) an seiner Seite. Trotz seiner Abneigung den Menschen gegenüber schließt er sie immer mehr in sein Herz.

Bei der Premiere am Sonntag zog das Ensemble das Publikum sofort in den Bann. Im Prolog wurde der König von der erst elfjährigen Belinda Grafmüller gespielt. So wirkten die beiden Menschenkinder vor der Einnahme der Raxel noch größer. Und auch danach überzeugte das Kinderstück mit ausdrucksstarken Figuren (Maja Kesselring als „Fährmann“), erstaunlicher Textsicherheit (Ein Satz mit etlichen Wörtern, die mit „So…“ beginnen), live gesungenen Liedern („Jeder kann ein Dichter sein“) sowie fantasievollen Bühnenbildern im Boxformat. Alles floss fantasie- und liebevoll ineinander.

Dass sich das Kinderstück auch für kleinere Grundschulkinder eignet, liegt einerseits an der Besetzung. 14 der 27 Akteure sind noch nicht mal im Teenie-Alter. Sie alle feierten am Sonntag ihr Debüt. Andererseits ist die Inszenierung durchzogen von Wortkreationen („Ich habe eine Haarwurzelerschütterung“, „Ihr Klugschnacker“), die nicht nur Kinder, sondern auch die Erwachsenen zum Schmunzeln bringen. Das Stück – das spürt man sofort – spricht die Sprache der Kinder. Dass fast ausschließlich Mädchen mitspielen und sich manche Dialoge einen Tick zu lange hinziehen, fällt kaum ins Gewicht.

Emmendinger Tor, 12.06.2024

Abenteuer im Reich der Erdmännchen

„Schön war’s“ – das war die einhellige Meinung der Gäste bei der Premiere des Kinderstücks „Kleiner König Kalle Wirsch“ am Sonntag im Theater im Steinbruch. Dabei siegen die Guten – und vor allem das Theaterteam auf ganzer Linie.

Sogar der Wettergott hatte ein Einsehen. Zwar drängten sich die meisten der rund 420 Gäste unter das Tribünendach, das sie gegen Regen geschützt hätte. Aber es regnete nicht. Dafür war’s trübe – eine perfekte Kulisse für eine Geschichte, die unter der Erde spielt. Zuerst betritt König Kalle Wirsch die Bühne – ein wirklich kleiner König. Souverän führt Belinda Grafmüller in die Unterwelt ein. Dann erobern die bösen Trumpe siegesgewiss die Bühne. Ihr Anführer Zoppo will König werden, er hat Kalle Wirsch zum Kampf herausgefordert. Aber Zoppo spielt nicht fair, er will seinen Kontrahenten nämlich daran hindern, pünktlich zu erscheinen – so würde er kampflos König. Und so warten allerhand Gemeinheiten auf den König der Erdmännchen. Die erste vereiteln die Menschenkinder Maxi und Jenni, weil sie den tönernen Gartenzwerg kaufen, in den der kleine König eingebacken ist. Damit nimmt das Abenteuer seinen Lauf.

Im Reich der Erdmännchen ist alles anders, so gibt es beispielsweise kein Licht, denn sie haben andere Augen als die Menschen, essen nur einmal im Jahr.

Annabella Borowski überzeugt als der ältere König, der sich bei aller Dynamik auch mal den Rücken massiert und ein Podest vorsichtig erklimmt. Gute Ideen hat er immer! Von Menschen und Menschenkram hält er wenig – obwohl grade eine menschliche Erfindung letztendlich die Rettung wird. Und wenn die neugierigen und hilfsbereiten Kinder Maxi (Luisa Elzner) und Jenny (Mira Rombach) unbedingt noch was angucken wollen, klingt Kalle wie genervte Eltern.

Er steht gewaltig unter Druck. Denn die Gegner sind mit allen Wassern gewaschen. Emma Muser ist ein richtig selbstherrlicher und dennoch ängstlicher Zoppo, „Spinne“ Emma Kottmeier hat immer wieder neue Bosheiten auf Lager und gießt nur zu gern und gekonnt Öl ins Feuer, und „Ratte“ Marla Seckinger assistiert bereitwillig. Wie gut, dass es die meist ganz unauffällige, aber schier allgegenwärtige Fledermaus gibt (Marie Schmidt), die König Wirsch warnt. Da soll er vom blinden Fährmann in den See gestoßen werden; Maja Kesselring spielt ihn ruhig, lässt aber die Verzweiflung durchscheinen, die ihn auf Zoppo hereinfallen ließ. Die Wächter der Rubinhöhle (Adrian Herb, Lasse Verheyden) handeln streng nach den Regeln, Echokugeln und der passende Widerhall aus dem Off sorgen für Verwirrung und ein verdrehter Wegweiser führt direkt zur Höhle des bösen Murrumesch (Laura Hösl, die in drei Rollen brilliert, etwa als Wörter sammelnder Kohle-Juke). Es wird gesungen und gedichtet, aber auch gekämpft.

Die Aufführung lebt von einer großen Liebe zum Detail. Da sind die Schatten, die ganz in Schwarz umherwuseln; die vier unterschiedlichen Völker, bei denen schon die Frisuren einen Extrablick wert sind und einheitliche Farben die Orientierung erleichtern, da ist das Spinnenkostüm inklusive künstlichem Riesenexemplar. Dann die Wrukas, deren Pupser zum allgemeinen Vergnügen Erdbeben und Vulkanausbrüche auslösen können. All das ist eingepackt in die entsprechende Akustik aus der Technik und in Andrea Gerholds kongeniale Choreografie. Die Musik von Melvin Busch liefert die richtige Stimmung; die Details im Bühnenbild sind das Tüpfelchen auf dem I.

Es gab immer wieder Szenenapplaus und am Schluss bebte die Tribüne schier unter dem begeisterten Beifall. Den haben sie sich verdient: Die Bühnenneulinge, von denen die Hälfte zum ersten Mal auf der Bühne stand und gleich in bis zu drei Völkern aktiv war, die Großen, die sie mitgezogen haben, und Regisseurin Silvia Gschwendtner mit ihrem Team, die auch psychologisches Einfühlungsvermögen aufbrachten, wie Vorsitzender Hans-Joachim Wipfler sagte. Der Erfolg hat viele Eltern, die beim Schlussapplaus kaum Platz hatten auf der Bühne; dabei waren die bis zu 30 Bühnenbauer gar nicht dabei, die jedes Wochenende auf dem Gelände arbeiten.

Badische Zeitung, 11.06.2024

Bühne frei für die Jubiläumssaison

Theater im Steinbruch: „Don Camillo und Peppone“ sowie „Kleiner König Kalle Wirsch“

Mit der Premiere des Kinderstücks „Kleiner König Kalle Wirsch“ startet das Theater im Steinbruch am kommenden Sonntag, 9. Juni, in die Sommerspielzeit. Am Samstag, 15. Juni, folgt zudem die erste Aufführung des Erwachsenenstücks „Don Camillo und Peppone“. Über allem steht diesmal jedoch ein geschichtsträchtiger Geburtstag.

Das Jubiläum

Gefeiert wird in diesem Sommer das Jubiläum „100 Jahre Amateurtheater in Emmendingen“. Dabei verneigen sich die heutigen Mitglieder des Theaters im Steinbruch mit selbstgedrehten Kurzfilmen vor ihren Vorgängern. Die sechs Streifen, die von den Schauspielern Michael Schäfer und Gunter Hauß initiiert wurden, werden derzeit häppchenweise auf der Homepage des Vereins veröffentlicht. Außerdem kann man sie seit Montag in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse bewundern. Ausgestrahlt werden sollen sie ab dem 24. Juni außerdem im Foyer des Rathauses.

„Alles fing mit der ‚Dramatischen Gesellschaft‘ an“, blickt der Vorsitzende Hans-Joachim Wipfler in die Historie. Im November 1924 habe diese im Dreikönigssaal erstmals „Im Weißen Rössl“ aufgeführt. Bis zum Verbot durch die Nazis neun Jahre später seien die Aufführungen überregional bekannt gewesen. Schon ein Jahr nach dem Krieg, also 1946, habe es in Emmendingen die „Freilichtspiele“ gegeben – zunächst vor dem Schlosserhaus, zwischenzeitlich zwei Jahre auf dem Schlossplatz und später auf dem einstigen Festplatz hinter der Karl-Friedrich-Schule. Daraus sei in den 1960er-Jahren die Volksbühne geworden, aus der 2002 schließlich das heutige „Theater im Steinbruch“ entstand.

Dessen rund 100 aktive Mitglieder führen in der diesjährigen Sommerspielzeit zwei ganz besondere Stücke auf. Mit dem Tag der offenen Bühne wollten sie am vergangenen Sonntag der Öffentlichkeit eigentlich einen Einblick in die Probenarbeit gewähren, mit den Theatergästen ins Gespräch kommen und nebenbei den Kartenverkauf ankurbeln. Aufgrund des Dauerregens hatte die Vorstandschaft das Ereignis jedoch schon am Vormittag abgesagt. Lediglich der Ticketschalter wurde besetzt. Hinter den Kulissen nutze man die Zeit, werkelte am Bühnenbild und feilte trotz der Nässe noch einmal an der ein oder anderen Szene.

Das Erwachsenenstück

„Das letztjährige Piratenschiff haben wir diesmal in ein Kirchenschiff verwandelt“, blickte Gunter Hauß, einer der beiden Hauptdarsteller des Erwachsenenstücks, auf die große hölzerne Konstruktion, die mitten auf der Bühne steht. Als Dorfpfarrer „Don Camillo“ wird er sich mit Bürgermeister „Peppone“, der von Hans Bürkin gespielt wird, ab dem 15. Juni in insgesamt 16 Aufführungen einen zweieinhalbstündigen Disput liefern. „Nach den vielen Abenteuergeschichten der letzten Jahre haben wir uns diesmal für eine klare Komödie entschieden – allerdings mit politischem Inhalt, der aktueller ist denn je“, erklärte Hauß.

Ende 2023 hatten die 20 Schauspieler mit den Probenarbeiten begonnen. Schon im Februar folgten die ersten gemeinsamen szenischen Proben. In den letzten Wochen führte Regisseur Benedikt Bachert die Puzzleteile zusammen und arbeitete mit den Darstellern die Details heraus. „Wir bieten das, was die Menschen am Theater im Steinbruch schätzen – unterhaltsame Szenen, tolle Dialoge, waghalsige Kämpfe und vor allem unseren typischen Humor“, zwinkerte Bachert am Sonntag. Das Drehbuch von Gerold Theobalt habe man etwas modifiziert. Jesus, so der Regisseur, werde beispielsweise „in persona“ auftreten.

Das Kinderstück

Bereits am kommenden Sonntag, 9. Juni, feiert das Kinderstück „Kleiner König Kalle Wirsch“ seine Premiere. Angelehnt ist die Fassung von Frank Pinkus an die Filme der Augsburger Puppenkiste aus den 1970er-Jahren. „Anders als in den letzten Jahren reisen wir diesmal komplett in eine Fantasiewelt“, verspricht Regisseurin Silvia Gschwendtner. Freuen dürfe man sich auf eine Erdmännchenwelt mit Tropfsteinhöhlen, Schattenquellen, Echokugeln und Vulkanen. „Es ist ein lustiges Stück, bei dem an manchen Stellen auch gepupst wird“, lächelte sie.

Silvia Gschwendtner baut diesmal auf ein ganz junges Ensemble. Von den 27 Darstellern sind 14 ganz neu mit dabei. Sie alle sind in einem Alter zwischen neun und zwölf Jahren. „Es wird diesmal definitiv ein Kinderstück“, zwinkerte die Regisseurin. Entsprechend sei „Kleiner König Kalle Wirsch“ auch für ein jüngeres Publikum geeignet. Selbst fünfjährige Theatergäste könnten das Stück gut verstehen. „Weil auch zwei, drei unheimliche Figuren dabei sind, sollten Eltern das Stück mit ihren Kindern im Vorfeld kurz durchsprechen“, so Gschwendtner.

Emmendinger Tor, 05.06.2024

Wenn die Wetter-App bei der Theaterprobe im Steinbruch zum Star wird

„Kleiner König Kalle Wirsch“ heißt das Kinderstück des Theaters im Steinbruch, das am 9. Juni Premiere feiert. Die BZ war bei den Proben dabei, bei denen auch das Wetter eine wichtige Rolle spielte.

Der Machtkampf zwischen dem guten König Kalle Wirsch und dem fiesen Zoppo Trump, der ihm den Thron streitig macht, wird ein sehr buntes Spektakel mit vielen unterschiedlichen Rollen. Nach mehreren realitätsnahen Stücken wollte Regisseurin Silvia Gschwendtner ein Fantasiestück mit unterschiedlichen Welten inszenieren. Das 1969 erschienene Buch Kalle Wirsch und die Verfilmung der Augsburger Puppenkiste mochte sie schon als Kind und freute sich, als der Spielbeirat sich dafür entschied. Vorteil sind die vielen Rollen.

Das Wetter spielt den Theaterleuten einen Streich nach dem anderen, es donnert. „Könnt ihr helfen?“, ruft Gschwendtner. Gemeinsam wird eine große blaue Plastikplane über den Kulissen festgezurrt, dann flüchten alle unters Tribünendach. Heftiger Regen setzt ein: Wieder mal Probenpause, bei Gewitter dürfen die Kinder nicht auf die Bühne. Jetzt ist die Wetter-App der Star. Sarah Rombach liest präzise Werte vor: Kurz nach 16 Uhr soll es besser werden. Bis dahin gibt’s vegane Gummibärchen – und Fragen und Vorschläge aus dem Team. Es geht um Details, aber genau die machen das Stück stimmiger.

Endlich hört das Donnern auf, der Regen lässt nach, die Sonne ist zu erahnen. Mit vereinten Kräften wird die Bühne geschrubbt und trockengelegt, damit keiner ausrutscht – die Probe beginnt. Die Echokugeln treten auf, sie wollen verhindern, dass der König und die Kinder aus der Höhle herausfinden. Dazu schallt das Echo aus dem Off und Fledermaus Tutulla schwärmt von den Delikatessen der Unterwelt: Mottenklöße, Tausendfüßlerpastete, mhm… Gschwendtner ist noch nicht ganz zufrieden. „Was ist dein Leibgericht?“, fragt sie. „Lasagne“, sagt Marie Schmidt. „Also, dann denk‘ an die leckerste Lasagne. Und nimm dir Zeit“.

Die Proben sind in der heißen Phase. Je nach Rolle sind die Kinder und Jugendlichen nun bis zur Premiere bis zu fünfmal die Woche im Theater. 27 sind es diesmal, darunter fünf Jungen. Die Altersspanne reicht von neun bis 23 Jahren. 13 Neulinge sind dabei, die meisten im Alter zwischen neun und elf Jahren. Sie wirken meist in den Massenszenen mit, es gibt ja vier Erdvölker. Das Singen, Tanzen und Kämpfen machten die Kinder schon super, sagt Gschwendtner, an der Choreografie für die Jüngsten wird noch gearbeitet. Zugleich feilen die „Textrollen“ an ihren Charakteren, Ratte und Spinne an passenden Bewegungen.

Bei Unwetter kommt es nicht so auf die Kleidung an – alle tragen Regenjacken. Aber bei den Fantasiekostümen gibt es eine Materialschlacht (Gschwendtner), viele Rollen erfordern Perücken; und Kinder, die mehrere Rollen spielen, benötigen drei unterschiedliche Paar Schuhe. Sie müssen sich mehrfach während der Aufführung umziehen, und sie werden neu geschminkt; dafür steht ein vierköpfiges Team bereit.

Auch der Bühnenbau ist aufwändig. Anders als im Piratensommer 2023 brauchen Erwachsenen- und Kinderstück jeweils andere Kulissen: Don Camillo und Peppone spielt in einer italienischen Stadt, Kalle Wirsch herrscht unter der Erde. Die nächste Herausforderung: Die Illusion zu erzeugen, dass man sich in der Unterwelt befindet, auch wenn die Sonne scheint. Gestaltete Baugerüste stehen für die unterschiedlichen Welten. Für die entsprechenden Szenen werden sie gedreht und fungieren dann als Rubinhöhle, Tropfsteinhöhle und Spinnennetz. Die Ungetüme laufen zwar auf großen Rollen, sind aber schwer. Und es sollte im aktiven Umbau, also auf offener Bühne, möglichst leicht aussehen. „Wir arbeiten dran“, sagt Gschwendtner.

Badische Zeitung, 30.05.2024