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Theater heißt spielend etwas bewegen

MENSCHEN IN EMMENDINGEN: Jan Schmidt führt nach zehn Jahren als Schauspieler erstmals beim Kindertheater Regie

Seine erste große Rolle hat Jan Schmidt in der Theater-AG des Goethe-Gymnasiums gespielt, nämlich den Piloten aus dem „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry. Damals besucht er die sechste Klasse. Bald darauf, mit 15, nahm ihn ein Schulfreund mit zum Theater im Steinbruch und seither ist er jedes Jahr dabei, 2008 erstmals als Regisseur des Kinderstücks „Der kleinen Vampir“. Schauspielerei reizt ihn nach wie vor — weil man etwas damit erreichen, bewegen könne.

Geboren wurde Jan Schmidt vor 25 Jahren in Villingen-Schwenningen, doch 1988 kam die Familie nach Teningen. Dort besuchte er die Grundschule, später das Goethe-Gymnasium in Emmendingen und er absolvierte seinen Zivildienst bei der Arbeiterwohlfahrt in Bötzingen. Danach studierte er vier Semester Biologie und Chemie, wechselte aber danach zur pädagogischen Hochschule in Freiburg zu. Dort studiert er nun Chemie, Mathe und evangelische Theologie mit dem Ziel, Realschullehrer zu werden.

„Ein schöner Kontrast zum Theaterspielen“, meint er zu seinen Fächern — doch so weit sind Berufsziel und Hobby nicht auseinander. Denn Theaterspielen, findet der angehende Lehrer, sei gut für die Persönlichkeitsentwicklung eines jeden: „Es hilft ungemein bei sozialen und gesellschaftlichen Kompetenzen“. Rhetorik und Miteinander würden im Theater groß geschrieben, denn jeder sei auf den anderen angewiesen. So ist Jan Schmidt ein starker Verfechter von Theater-Arbeitsgemeinschaften an Schulen. Theater und Literatur sollten verstärkt an Schulen angeboten werden, wünscht er sich — ein schulpolitisches Thema, bei dem er sich heiß reden könnte.

Was ihn mit 15, im „Null-Bock-Alter“ , dazu brachte, etwas „für Jungen so Uncooles“ wie das Theaterspiel zu wählen, weiß er nicht so genau. Er arbeitet gern mit der Körpersprache, sagt er; sie sei es, auf die es ankomme und er ist fasziniert von dem, was man damit bewegen kann. Noch immer erinnert er sich an ein Stück, bei dem die klitzekleine Handbewegung eines Schauspielers einen unglaublichen Lacherfolg bei den Zuschauern auslöste.

Besonders bei Kindern. „Kinder sind die besseren Kritiker“, findet er. Erwachsene sagten „es war nett“, kritisierten durch die Blume. Kinder seien direkter, ehrlicher. Sie zum Lachen zu bringen, zu sehen, wie sie eine Szene verfolgten, wie es sie nicht mehr auf den Stühlen halte — diese Begeisterung der kleinen Zuschauer begeistert ihn am Kindertheater.

2001 agierte er erstmals als Räuber im Kinderstück, mit „richtigem“ Vollbart, den er sich dazu ins Gesicht kleben musste. Das Jahr drauf war er der Bär Balou im Dschungelbuch, 2003 der Löwe im Zauberer von Oz und 2007 war er der Lukas in „Jim Knopf“ . Gespielt hat er auch für die Großen: Seine erste Rolle im Theater im Steinbruch war die eines Gardisten bei den drei Musketieren und auch die vergangenen fünf Jahre war er verstärkt im Erwachsenenstück im Einsatz, im vergangenen Jahr als Millionenerbe in der „Schönen Bescherung“.

Seit zwei Jahren hatte er den heimlichen Wunsch, Regie zu führen, jetzt habe er gemerkt: „Ich bin soweit“ . Die Gelegenheit ergab sich, als Simone Allweyer, langjährige Regisseurin des Kindertheaters, eine Pause einlegen wollte. Das Schauspieltraining für die Kinder, die Vorbereitung auf die Probenphase, hat er schon zuvor regelmäßig angeboten. „Ich habe viele Ideen im Kopf, die ich gern zeigen möchte“, erklärt er. Die Lust zum Spielen hat er nicht verloren: Er zeigt seinen 24 großen und kleinen Darstellern dann schon mal, wie er sich eine Szene gespielt vorstellt.

Bis vor zwei Jahren hat er bei der SG Teningen-Köndringen Handball gespielt. Dann aber reichte die Zeit nicht mehr. Seit etwa zweieinhalb Jahren ist er nämlich noch Jugendleiter des Landesverbands der Amateurtheater, zuständig für etwa 4500 junge Theateramateure. Bei den Theatertagen am See in Friedrichshafen gehört er der Jury an. Hat er jemals darüber nachgedacht, die Schauspielerei zum Beruf zu machen? Nachgedacht schon, aber „ich möchte mein Hobby nicht zum Beruf machen, damit ich es nicht muss“, meint er. Außerdem sei die Schauspielerei eine brotlose Kunst, „wenn man nicht Til Schwaiger ist oder so“. Theaterpädagogik hätte er schon gern studiert, konnte sich aber die Schule nicht leisten. Doch über den Theaterpädagogikverband plant er eine berufsbegleitende Ausbildung auf diesem Gebiet.

Spielerisch ist die Saison 2008 seine vorerst letzte in Emmendingen: Aus privaten Gründen möchte er an der PH Ludwigsburg weiter studieren, wo man sich viel über Theaterpädagogik aneignen könne. Dem Theater im Steinbruch und den alten Freunden will Jan Schmidt aber treu bleiben und möchte gern wieder zurückkommen. Bis dahin lockt erst mal das Naturtheater in Reutlingen.

Badische Zeitung, 13.06.2008

Wo das Blut nach Rote-Bete-Saft und Soßenbinder schmeckt

Das Kindertheater im Steinbruch inszeniert in diesem Jahr den „Kleinen Vampir“ — und das erfordert besonderes schauspielerisches Können

Regisseur Jan Schmidt schwenkt eine Plastikflasche mit dunkelrotem Inhalt. „Wer mag mal probieren?“ Das Interesse der jungen Akteure für das Kinderstück „Der kleine Vampir“ ist gering, denn die Mischung sieht zwar echt „blutig“ aus und ist auch gesund, aber Rote-Bete-Saft mit Maggifix für dunkle Soßen ist nicht jedermanns Geschmack. Den Soßenbinder braucht’s für die Konsistenz. Die Formel hat Schmidt von einem Maskenbildner, der Leute für Germans Next Topmodel gestylt hat. „Damit geht’s wunderbar“, findet er.

Viele solche Detailprobleme müssen gelöst werden, damit es schön schaurig wird beim Kinderstück „Der kleine Vampir“ des Theaters im Steinbruch. Noch drei Proben sind es bis zur Premiere, und die haben es in sich.

Vor allem die Ablaufproben: Die Musik und das zeitweise recht turbulente Spiel werden exakt aufeinander abgestimmt und bis das klappt, ist so manche Wiederholung fällig. „Ja wann denn nun?“ ruft’s aus der Technik. „Beim ersten Hilfeschrei hört die Musik auf, beim zweiten fängt die zweite Musik an“, erklärt Schmidt.

50 Proben à drei Stunden haben die Hauptdarsteller hinter sich, bei den Fledermäusen sind es etwa 20. Voller Einsatz ist dabei gefordert. „Okay, lauf! Lauf, lauf, lauf, lauf!“ ruft Schmidt der Anna zu und flitzt selbst neben der Bühne hin und her. Die Fledermäuse animiert er dagegen zur Ruhe, „ihr habt Zeit.“ Daneben spricht er den Text einer erkrankte Darstellerin und freut sich über den gelungenen Krabbel-Auftritt des Baby-Vampirs: Auch der Regisseur hat jede Menge zu tun und Assistentin Sarah Seng muss noch so manches Textstück beisteuern.

Das ist wie bei jedem Theaterstück. Doch Vampire darzustellen, erfordert viel schauspielerisches Können. Gespielt wird ja am hellen Tag, und das Sonnenlicht vertragen die dunklen Gestalten eigentlich nicht. Und wenn ein Vampir sagt „das war ein schreckliches Fest“, dann muss das so klingen, als wenn unsereiner sagt „ein herrliches Fest.“ Gar nicht so leicht zu vermitteln. „Ich verpacke das dann“, erklärt Schmidt, „sage etwa: Ihr braucht ein Funkeln in den Augen“ oder „zeigt die Zähne“ .

Ach ja, die Zähne. Auch junge Vampire müssen falsche tragen, sie sind genau dem Gebiss angepasst, etwa wie Zahnspangen. Dennoch braucht’s Haftcreme, damit sie nicht aus dem Mund fallen, wenn der Vampir ihn aufreißt. Essen lässt sich’s damit übrigens, haben die Schauspieler festgestellt — dabei stören eher die Schnäbel der Eulen, die darum für die Pause auch in der Tasche verschwinden.

Viel Aufwand wird mit den Requisiten getrieben. „So viele Requisiten wie dieses Jahr hatten wir noch nie“, meint Schmidt. So wird es ein halbes Dutzend Grabsteine geben, aus Sperrholz, Styropor und Gips. Und während die Kinderstück-Proben dem turbulenten Höhepunkt zustreben, bastelt nebenan Clemens Allweyer, Autor und Hauptperson im „Dracula“, an den Kulissen. In der Pause wird das Transparent für das Wirtshaus im Erwachsenen-Stück über die Bühnenwand gehievt. Das sieht schon fast wie eine eigene Szene aus. Fest steht: Wer in die Proben geschnuppert hat, hat Blut geleckt und wird das Stück unbedingt sehen wollen.

Badische Zeitung, 18.06.2008

„Der kleine Vampir“ feiert Premiere

Theaterspaß im Steinbruch für die ganze Familie – tolle Kulisse

Eine fulminante Premiere feierte am Sonntag das Kinderstück „Der kleine Vampir“ im Emmendinger Theater im Steinbruch.

Regisseur Jan Schmidt hat die humorvolle Gruselkomödie nach dem gleichnamigen Roman von Angela Sommer-Bodenburg mit hoch motivierten Darstellern gekonnt in Szene gesetzt. Die Szenerie im Steinbruch ließ einem das Blut in den Adern gefrieren. Spinnweben, Fledermäuse und ein Piratenschiff im Garten sowie Särge, blutverschmierte Vampire und eine Totengruft auf der Freilichtbühne. Die etwa 120 Besucher erlebten eine herzerfrischend kurzweilige und humorvolle Aufführung voller Witz, Tempo, musikalischen Einlagen (Leitung: Michael Bach) und Überraschungen am laufenden Meter. Die Story ist schnell erzählt: Anton Bohnsack (Lorenz Allweyer), Vampir Rüdiger und dessen Schwester Anna (Fanny Weisser) erleben die verrücktesten Abenteuer, obwohl es nicht gerade selbstverständlich ist, dass sich Menschen und Vampire anfreunden. Doch es lauern überall Gefahren. Antons neugierige Mutter (Jasmin Baumgratz), die bluthungrige Vampirin Dorothee (Murielle Meier) und nicht zuletzt der kauzige Friedhofswärter Geiermeier (Detlef Koraleski), der zwerchfellerschütternd Jagd auf Vampire macht. Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten, schließlich wird das Kinderstück noch bis zum 27. Juli gespielt. Ein Riesenspaß für die ganze Familie!

Vorsitzender Hans-Joachim Wipfler ließ es sich nicht nehmen, allen Darstellern, Regisseur Jan Schmidt sowie allen Helfern vor und hinter den Kulissen seinen herzlichen Dank auszusprechen. Am kommenden Sonntag, 29. Juni, 16 Uhr, wird „Der kleine Vampir“ erneut aufgeführt. Das sollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen!

Emmendinger Tor, 25.06.2008

Der Tanz der Vampire reißt alle mit

„Tolle Leistung, super gespielt“, so lobte Hans-Joachim Wipfler, Vorsitzender des Theaters im Steinbruch, das Team des Kindertheaters am Sonntag nach der Premiere des „Kleinen Vampirs“. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Denn was die 23 großen und kleinen Schauspieler unter der Regie von Jan Schmidt auf die Bühne gebracht haben, verdient das Prädikat unbedingt empfehlenswert. Und das liegt nicht nur an der liebevollen Detailausstattung und der mitreißenden Musik, die Michael Bach geschrieben hat. Das Spiel auf der Bühne begeistert, weil alle völlig in ihren Rollen aufgehen, Überzeugungskraft auch in kleine Gesten legen und nicht nur in Klamauk- und Action-Szenen überzeugen.

Ein schönes Beispiel ist etwa Lorenz Allweyer als Anton, wenn er verzückt von Anna (Fanny Weisser) spricht, sich gegenüber den neugierigen Fragen seiner Eltern herauszuwinden versucht oder auf dem Friedhof wie ein Tiger im Käfig auf- und abmarschiert. Oder die quirlige Lebendigkeit, die Raphael Schüler dem kleinen Vampir mit auf den Weg gibt, die Schnoddrigkeit, mit der Jonathan Richter den Lumpi spielt… Sehr schön auch der Auftritt der drei Eulen (Annabelle Völker, Miriam Fuhrmann, Teresa Schneider), die die Geschichte erzählen und für die nötige zeitliche Orientierung sorgen, der schrecklich-schaurige Tanz der Vampire, der sich schließlich in einen Wiener Walzer auflöst, oder die Vorbereitungen zum Fest, die die dafür zuständige Fledermäuse nicht nur ihrer warmen Kostüme wegen ins Schwitzen kommen lassen. Denn Vampire sind anspruchsvoll!

Ja, es ist schon eine eigene Welt, die Anton durch den kleinen Vampir kennen lernt. Ludwig der Fürchterliche und Hildegard die Schreckliche sind dessen Eltern, und die Familie residiert in einer Gruft auf dem Friedhof – ein eindrucksvolles Bild. Zu ihnen gehört auch Rüdigers kleine Schwester Anna, die – bäääh! – noch von Milch lebt, aber durchaus Haare auf den Zähnen hat und dann wieder ganz zart sein kann. „Hast du noch alle Kissen im Sarg?“ fragen Vampire, sie feiern den 300. Todestag der Großmutter als Familienfest und auch bei den Eulen ist alles anders: „Kommt schlafen, ihr Tagwandler“, mahnt die eine am helllichten Tag.

Und doch ist vieles vertraut: Der kleine Vampir stöhnt über sein nerviges Schwesterchen und muss in den Sarg, wenn er behauptet, krank zu sein, Anton muss sich mit der Neugier seiner Eltern (Jasmin Baumgratz, Gunter Hauß) herumplagen, die die neuen Freunde ihres Sohnes kennen lernen wollen, und mit einem neunmalklugen Bruder (Janni Hornung). Lumpi ist in der Pubertät und Udo Holzapfel (Johannes Wipfler) hat keine Manieren.

Also alles ganz wie in der realen Welt? Es ist ungemein eindrucksvoll, wenn die Vampire in ihren schwarzen Umhängen, mit den Reißzähnen und dunklen Perücken über den Rasen stürmen. Der steht voller Grabsteine und Särge, und der Garten ist mit Holzkreuzen und Spinnweben dekoriert. Doch dieser Idylle droht Ungemach, denn Friedhofswärter Geiermeier (beeindruckend gespielt von Detlef Koraleski) träumt vom ersten vampirfreien Friedhof Europas und weiß auch schon, wie er das erreicht. Sein Pech, dass er an Anton gerät und dessen Vater zur Rettungsaktion herbei hechtet. Kurz: Zwei unterhaltsame Stunden sind Groß und Klein sicher.

Badische Zeitung, 24.06.2008